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Erst kürzlich habe ich mit einem Bekannten übers Studium gesprochen. Ganz allgemein, was jeder von uns beiden macht und wie es uns dabei geht. Ganz normaler Small Talk. Bis ein Satz gefallen ist, den man als Lehramt-Student:in nicht selten hört: „Lehramt studiert man doch eh nur für die Ferien und wegen der Bequemheit oder?“ Und zack! sind wir wieder beim Lehrer:innen-/ Lehamtstudent:innen-Image. Nicht nur deswegen, weil das Bild von Schule und Lehrkräften im Allgemeinen schon so ist wie es nun mal ist, sondern auch, weil gerade jetzt zu Schulbeginn, wieder vermehrt darüber gesprochen wird, was nun Vorteile und Nachteile an dem Beruf Lehrer:in sind. Daher ist es mir ein Anliegen, aus meiner Sicht zu schildern, warum ich dennoch den Lehrberuf ergreifen will. 

Das Image kennen wir ja alle – aber!

Mit welchem Image sich die Personen rumschlagen müssen, die in Österreichs Schulen tätig sind, ist wohl jedem bekannt. Und die meisten, die das hier lesen werden, haben bestimmt schon des Öfteren versucht, anderen zu erklären, dass Lehrer:in-Sein eben nicht nur Vormittag-Bespaßung von Kindern und Jugendlichen ist oder neun Wochen Sommerferien bedeutet. Es ist viel mehr als das. Und das wissen wir alle. Nur wird das teilweise nur sehr wenig anerkannt. Und jetzt so ganz ehrlich: Ich habe nicht mal mehr Lust, jedes Mal in Gesprächen nach Argumenten zu suchen, die mein Lehramt-Studium und meinen späteren Beruf aufwerten. Weil er das erstens nicht nötig hat und zweitens weil ein „ich-Lehrerin-sein-will“ doch reichen muss. Ohne dass einem unterstellt wird, man würde es wegen der Ferien oder der nicht vorhandenen Berufsvorstellungen studieren. 

Ich will Lehrerin werden. Punkt. Weil ich Schüler:innen eine Möglichkeit bieten will, sich selbst weiterzubilden und ihnen die Hand reichen will, wenn es darum geht, eigene Grenzen zu erweitern. Weil das meine Lehrer:innen auch getan haben. Ich will deswegen Lehrerin werden, weil ich für meine Fächer brenne und diese Begeisterung auch in meinen Schüler:innen wecken will. Und selbst wenn das nicht gelingt ,(weil sind wir ehrlich, nicht jeder kann sich für alle Fächer begeistern, egal wie sehr man es versucht) will ich ihnen das Wissen mitgeben, das sie brauchen, um in der Gesellschaft später dort zu stehen, wo sie später stehen wollen. Ich will Lehrerin werden, weil ich so viele Kinder und Jugendliche kenne, die ihr Potenzial manchmal selbst nicht erkennen und jemanden brauchen, der ihnen zeigt, wie sie es finden. Wenn ich also sage, dass ich Lehramt studiere, bin ich stolz darauf. Und das sollte jede:r sein, der/die den gleichen Weg einschlägt oder eingeschlagen hat. Lehrer:in sein zu wollen, erfordert nicht nur Begeisterung und Durchhaltevermögen, sondern auch Mut. 

Lehrer:innenmangel, Gehalt, System…

Gerade zu Schulbeginn wird das System rund um Schule verstärkt diskutiert. Viele Stimmen werden laut, die über das Gehalt, den Schuleinstieg, oder die zunehmenden Belastungen schon in den ersten Wochen ihre Meinung öffentlich machen. Oft entsteht dadurch nicht gerade ein gutes Bild von Schule. Selten hört man: „Der Schulbeginn war gut.“ Und das schreckt natürlich ab. Nicht nur Lehramt-Student:innen, die sowieso immer mit Systemlücken zu tun haben und in den letzten Jahren auch immer schon dafür eingesetzt wurden, diese zu schließen. Sondern auch potenzielle Maturant:innen, die vor ihrer Studienwahl stehen, werden nicht gerade auf den Geschmack kommen Lehrer:in zu werden, wenn man sich diese Berichterstattung anschaut. Deswegen auch hier: Diese negativen Aspekte sind nur eine Seite des Berufes.

Die Berufswahl oder Studienwahl ist nie einfach. Meistens versucht man seine Interessen in einem Berufsbild zu finden und dieses dann folglich auch auszuführen. Lehrer:in zu sein vereint ziemlich viele meiner Interessen. Nur sind es eben nie Interessen allein. Gehalt wird immer wichtiger. Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen werden immer essenzieller und die Work-Life-Balance darf man sowieso nicht außer Acht lassen. Unter Einbeziehung dieser Faktoren, verliert der Lehrer:innen-Job dann doch nochmal ein paar Sympathiepunkte. Etwas, das man durchaus nachvollziehen kann. Und auch ich bin mir noch nicht sicher, ob ich später auch wirklich an einer Wiener Schule unterrichten will oder ob ich nicht doch wieder zurück nach Oberösterreich gehe. Weil wir auch hier Unterschiede merken. Nur daran gezweifelt, ob ich den Lehrberuf doch gar nicht antrete, habe ich trotzdem noch nie. Ich bin der Meinung, dass man in jedem Beruf Aspekte finden wird, die nicht so gefallen. Und in jedem Beruf, wird es auch immer Hürden geben, die man überwinden muss. So eben auch hier. Und klar, ich verstehe, wenn jemand sagt, er oder sie will sich den Lehrberuf in solchen Zeiten nicht antun. Und das ist auch verständlich. Ich will jedoch wirklich von ganzem Herzen in der Klasse stehen, den Kids etwas beibringen und ihnen zuschauen, wie sie erwachsen werden. Wenn mir also wer sagt, das Schulsystem in Österreich habe da und dort diese und jene Probleme, dann sag ich: „Ja, stimmt. Diese Probleme sehe auch ich. Ich will trotzdem Teil davon werden und so dazu beitragen, genau diese Probleme zu lösen.“ 

Der einfache Grund, warum ich also Lehrerin werde, ist, weil ich es werden will. Und ja, ich sehe die Probleme und Herausforderungen. Mir liegt der Job, die Zukunft und die Bildung der Schüler:innen so sehr am Herzen, dass ich das System verbessern will. Das tue ich, indem ich Teil davon werde und mich dafür einsetzte. Also an alle angehenden Lehrer:innen: Steht auf und seid stolz drauf, den Beruf gewählt zu haben!

Die Autorin ist noch keine Lehrerin – aber Studentin für Lehramt.

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Wenn man vor großen Herausforderungen und Problemen steht, hilft es ja meistens, ein wenig über den Tellerrand zu blicken. Seit einigen Jahren fahren wir (wir, das sind hier die 2 Schulgschichtn-Redakteur:innen Verena und Felix) daher mit Kolleg:innen in andere Länder, um deren Bildungssysteme kennenzulernen, Schulen zu besichtigen und internationale best-practice Beispiele zu sehen.  Heuer waren wir mit einer Gruppe in Estland. Das estnische Bildungssystem ist, wenn es nach PISA geht, eines der effizientesten und besten Bildungssystem Europas, das obendrein auch noch relativ fair ist. 

Während unserer vier intensiven und hochspannenden Tage in Tallinn haben wir dutzende Lehrer:innen getroffen, mit Menschen aus dem Bildungsministerium, von der Lehrer:innenausbildung und dem NGO-Bildungssektor diskutiert und zwei Schulen besucht. Dabei wurde uns von Gespräch zu Gespräch und von Stunde zu Stunde immer offensichtlicher, dass wir im österreichischen Bildungssystem noch viel Luft nach oben haben. Von der Organisation des Systems über die Möglichkeiten der Schulautonomie bis hin zu Fragen der Transparenz und verfügbaren Daten. Nachdem Estland auch nicht zaubern kann, wären alle dortigen Lösunge auch bei uns umsetzbar. Wir wollen hier nun kurz unsere größten Learnings und spannendsten Eindrücke teilen:  

Die Gesamtschule steht außer Zweifel 

Das estnische Bildungssystem ist grundlegend anders aufgebaut als das österreichische. Das beginnt beim vorhandenen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. So besuchen 84% der 1-3-Jährigen und 95% der 3-7-Jährigen einen Kindergarten. Nach dem Kindergarten folgt eine 9-jährige gemeinsame Schule, die alle Kinder im Alter von 7-16 besuchen. Die allermeisten (ca. 90%) dieser 9-jährigen Gesamtschulen sind öffentliche municipality Schulen, also sind im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden. 

Auf unsere Nachfrage, ob diese Art der Gesamtschule denn auf viel Widerstand stößt und ob sie politisch bekämpft wird, haben wir nur verständnislose Blicke geerntet. Wie in den allermeisten Europäischen Ländern, waren unsere Estnischen Kolleg:innen eher erstaunt darüber, dass wir unsere Schüler:innen im Alter von 10 Jahren in verschiedene Schultypen schicken.

Eine einheitliche, standardisierte Prüfung beendet die 9 Jahre Pöhikool. Im Anschluss daran gibt es dreijährige höhere Schulen, entweder das Gymnasium oder berufsorientierte Schule. 

Echte Schulautonomie

Hierzulande wird das Wort Schulautonomie ja gerne als Synonym für Einsparungen und Notlösungen am einzelnen Standort verwendet. Nicht so in Estland. Die Direktor:innen und Schulen haben eine unglaubliche Autonomie. Die Direktor:innen stellen all ihre Lehrer:innen selber an und können diese auch selber kündigen. Starre, einheitliche Dienstrechte gibt es nicht, Mindestlöhne aber sehr wohl. Die Dienstverträge schauen so sehr unterschiedlich aus. Manche Lehrer:innen unterrichten 22h, andere nur 15h, weil sie sonst die Mathe-Koordination leiten oder Schulentwicklung Reflexionsgespräche mit Kolleg:innen machen. Auch die Gehälter sind teilweise flexibel, können von den Schulleiter:innen bestimmt werden und basieren nicht nur auf der Anzahl der Dienstjahre. Karrierepfade und Anreize für junge Lehrer:innen werden so möglich. 

Aber auch die Curricula sind teils autonom. Wir haben Schulen besucht, die haben nur eine 4-Tage-Unterrichtswoche. Am 5. Tag unterrichten diese Schulen im „independent learning“, wo die Kids entweder daheim lernen, in Gruppen ins Museum oder in die Natur gehen. Im Anschluss daran, zeigen sie den Lehrer:innen, per Zoom, was sie heute gelernt haben. Auf unsere verwunderte Frage hin, dass dies schulautonom möglich ist und wer denn die Aufsicht in dieser Zeit regele und wie das Stundenabrechnungstechnisch liefe, kam ein leicht verwundertes: “I don´t really understand your question. We can decide how we want to teach”.

Auch die Notengebung ist autonom. Viele Schulen geben bis zur 6. Schulstufe gar keine Noten, ab dann gibt es unterschiedliche Systeme. Und, so bundeseinheitliche Systeme wie Deutschförderklassen sind undenkbar. Diese große Autonomie funktioniert natürlich nur weil es in den Schulen Management-Teams gibt (wir erinnern uns an die Möglichkeit unterschiedlicher Dienstverträge) die das alles machen. Da arbeiten dann 5-6 Lehrer:innen, die teilweise noch unterrichten, gemeinsam mit der:dem Direktor:in an der Leitung der Schule. 

Transparenz und Daten

Es gibt über das estnische Bildungssystem so ziemlich alle Daten, die man sich vorstellen kann. Diese Daten sind für jede einzelne Schule öffentlich einsehbar. So kann man z.B. Ergebnisse der standardisierten Prüfung, die Noten, die Ausbildung der jeweiligen Lehrer:innen, die Fehlstunden, die Größe der Klassen, die Anzahl der PCs, den Background der Schüler:innen und noch Vieles mehr für jede Schule einsehen und mit anderen vergleichen. Diese Daten werden für fundierte Entscheidungen verwendet. Sowohl das Ministerium, als auch die einzelnen Schulen verwenden das als Grundlage ihres Arbeitens und Unterrichtens. 

Und, es gibt jährlich einen „satisfacory survey“ wo alle Schüler:innen gefragt werden, wie es ihnen geht, was sie sich wünschen, wie sie mit ihren Lehrer:innen zurechtkommen und welche Probleme sie haben – einsehbar für alle.

Eine klare Governance 

Die governance Struktur des ganzen Bildungssystems ist sehr einfach. Fast alle Schulen sind, wie gesagt, öffentliche Gemeinde-Schulen. Der „Bund“ überweist den Gemeinden Geld für ihre Schulen. Die einzelnen Gemeinden machen sich mit den Schulen dann ein Budget aus, das diese autonom verwalten können. Der Rest der Entscheidungen wird an und von den Schulen getroffen. Unsere Erklärversuche, was der Unterschied zwischen Bundes- und Landesschulen ist oder was Bildungsdirektionen und SQMs sind, sind leider kläglich gescheitert. Die Bürokratie ist auf ein Minimum reduziert, die Verantwortlichkeiten sind ganz klar geregelt und der Gestaltungsspielraum ist daher riesig.

Und, was sind die Herausforderungen?

Ein großes Thema in Estland ist die inoffizielle Zweisprachigkeit: Russisch-Estnisch. Viele Schulen sind entlang dieser zwei Sprachen segregiert. Kaum eine Schule lehrt beide Sprachen, aber alle müssen Estnisch lernen. Mehrheitlich russischsprachige Schulen werden als second-class angesehen. Und, die Drop-Out-Rate der 16 Jährigen nach der gemeinsamen Schule ist hoch: 20% der Jugendlichen fallen nach den 9 Jahren aus dem System. 

Darüber hinaus sind die Lehrer:innengehälter vergleichsweise gering, was einen Lehrer:innenmangel zur Folge hat. 

Fazit

Vor allem im Vergleich mit dem österreichischen Bildungssystem beeindruckt das estnische durch unglaubliche Möglichkeiten an autonomen Handeln und mit seinen klaren Strukturen und Verantwortlichkeiten. Bei unsere Schulbesuchen konnten wir sehen, wie positiv sich das in den Klassenzimmern, bei den Kolleg:innen und Schüler:innen auswirkt. All das könnte Österreich auch machen. 

Felix und Verena, Schulgschichtn Autor:innen

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Stellen wir uns das Schulsystem mal als einen riesigen Ozeandampfer vor. Kein Kreuzfahrtschiff, nein, keine Disko, kein Pool, keine Klaviermusik. Eher so ein Teil, das kürzlich im Suezkanal steckte. Riesig, zu wenig Personal, teilweise unmanövrierfähig. 

Stellen wir uns vor, das Ding bricht gerade auseinander. Die wenigen Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen und Psychagog:innen, die noch nicht im Corona-Hafen festsitzen, paddeln mit kleinen hölzernen Booten und den viel zu wenigen Rettungswesten herum.

Der Steuermann hält sich krampfhaft am Lenkrad fest, hat jedoch jedweden Funkkontakt zur Besatzung verloren. Noch hat er nicht gemerkt, dass die Kommunikation schon längst abgebrochen ist. 

Die Kapitänin liegt aufgrund eines unglücklichen Zwischenfalls auf der Krankenstation im dritten Unterdeck und hält sich mit Rum über Wasser. 

Da wäre noch der Stellvertreter der Kapitänin. Dieser brüllt mit Hilfe eines Megaphons Befehle in den Wind, die selbiger gnadenlos verschluckt. Kurze Windstille. Endlich kann die Mannschaft seine Befehle verstehen. Doch wenn die Wellen fast über den Köpfen der Kolleg:innen zusammenschlagen, ist das Tragen von Hausschuhen eher Nebensache. 

Einige Kolleg:innen haben sich mit flotten Kayaks ausgestattet und behindern die Rettungsmanöver. Als wäre das nicht schon genug, erzeugen sie weitere Hindernisse und Zusammenstöße. Auf diese Weise kann keine Ruhe einkehren. Besonders weil man schon von hinten das bedrohliche Rauschen der sechsten Coronawelle hören kann. Dabei muss doch noch die jetzige Welle bewältigt werden, zumindest irgendwie. Das Treibholz und die Container mit schlechten Nachrichten aus der Ukraine, unbewältigten Traumata und bösen Vorahnungen trudeln als ständige Bedrohung um das Schiff.

Von vorne weht der Wind der Teuerungen und Inflation, der unsere Schüler:innen zu neuen Ufern schickt, neue Unterkünfte müssen gesucht werden, unbezahlbare Rechnungen wehen hoffnungslos an gebrochenen Masten. Sechs Euro für einen Kinobesuch an Land werden für viele Eltern zur Herausforderung. Dann bleibt das Kind lieber am sinkenden Schiff oder darf nicht mitkommen.

Der strahlende Ramadan bedarf Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im positiven Sinn. Wird aber von vielen Kolleg:innen in den Kayaks als zusätzlicher Ballast wahrgenommen und konterkariert. Die von engagierten Kolleg:innen in zahlreichen Unterrichtsstunden ausgehändigten Rettungswesten, die kaum ein:e Schüler:in ablehnt, werden auf diese Art zu löchrigen nahezu unbrauchbaren Hilfsmitteln. So kann sich niemand über Wasser halten. Den Kanuten ist das egal. Alle könne man nicht vor dem Untergang retten. Dann müssten eben die nicht-angepassten Schüler:innen das Boot verlassen. Wenn sie Glück haben, werden sie in der Nähe des Ufers ausgesetzt. Ansonsten müssen sie  eben schauen, wie sie mit den löchrigen Rettungswesten in den nächsten Hafen schwimmen können.

Das Boot steckt fest, endgültig. Das Treibholz, die Container und die Kayaks haben es zum Stillstand gebracht. Nur ein kleiner Teil der Mannschaft will die Weiterfahrt um jeden Preis. Es könnte ja sein, dass im nächsten Hafen alles besser wird. Es sind jene, die verstanden haben, dass Jammern wenig Sinn macht. Sie kleben die Rettungswesten, reden den Systemsprenger:innen gut zu und versuchen die Kanuten irgendwie wieder an Bord zu holen. Wo ist die versprochenen Verstärkung, die am Hauptschiff mitanpackt? Dann hätten die, die schon seit Wochen durcharbeiten wieder ein bisschen Luft und eine kleine Pause. Alle werden nie in einem Boot sitzen. Wenn nur der Steuermann das Loch in der Funkverbindung findet und zuhören kann, welche Sorgen und Ängste seine Mannschaft haben. Wenn nur die Kolleg:innen den Coronahafen verlassen könnten.

An den Ufern sitzen staunenden Zuschauer und kommentieren fleißig das Geschehen im Standard-Forum. Alle wissen alles besser und die faulen Lehrer:innen, die da draußen um nackte Überleben paddeln, werden beschimpft, geschasst und milde belächelt, denn die wenigen Stunden die die da rumpaddeln, das hätten wir ja mit links geschafft. Hört’s auf zum Jammern. Ihr habt’s ja eh bald Ferien. 

Ferien ? Ja. Wo? Wo ist die Insel, die winzig kleine Osterinsel, die schon irgendwo aus den Weiten des Ozeans aufragt? Ein Moment der Entspannung – wenn keine Schularbeiten zu korrigieren sind – ein Moment zum Durchschnaufen, wenn es nicht bei einem Schüler wieder brennt, weil die Freundin schwanger ist oder bei einer Schülerin, weil die Mama mit ihren Depressionen nicht mehr aufstehen kann und sie sich um die kleinen Geschwister kümmern muss und sich deswegen nicht mehr um sich selber kümmern kann – oder ein Moment des Loslassen, wenn nicht neue Schüler:innen aus der Ukraine kommen, die dringend Mika-D getestet werden müssen und die Kapazitäten der Deutschförderklasse ausgeweitet werden müssen. 

Naja, wir werden sehen. Sollen wir je dort ankommen. 

P.S. Eigentlich hätte an dieser Stelle ein schöner Text stehen sollen, ein Text darüber, wie schön, wie rewarding, wie vielseitig der Lehrberuf ist. Ein Text, der es vermag, die wirklich guten und engagierten Menschen für diesen Beruf zu begeistern. 

Aber wir haben es nicht geschafft. Es hätte in dieser Zeit einfach nur höhnisch gewirkt…

Die Autorinnen sind Lehrerinnen an einer Wiener Mittelschule