Schule in Zeiten von Corona
Seit etwas mehr als einer Woche findet nun kein regulärer Unterricht mehr statt. Zwei Arbeitstage hatten Lehrer*innen und Schüler*innen Zeit, sich auf diese gravierende Veränderung vorzubereiten und neue Lösungen zu finden.
Wie Unterricht in Zeiten von Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen aussehen kann und was die wichtigsten Learnings der ersten Tage sind, haben uns vier Lehrkräfte aus vier verschiedenen Neuen Mittelschulen in Wien beantwortet.
Die Schule ist “zu”, die Kids sind daheim. Wie arbeitest du jetzt?
„Ich unterrichte im 2. Bezirk und ich muss sagen es läuft sehr gut! Am Freitag haben die Kinder eine Arbeitsmappe bekommen mit den verschiedensten Aufgaben zu jedem Fach. Morgen wird es eine Tages-Challenge geben, wer diese bis 18 Uhr erledigt bekommt ein Plus. Bis Freitag muss sich jedes Kind einmal melden und Bescheid geben wie es ihm so geht und wie weit es mit der Mappe ist.“
„In unseren Tablet-Klassen nützen wir für den Fernunterricht die Lernplattform „showbie“, weil die Schüler*innen den Umgang mit der App aus dem Regelunterricht gewöhnt sind. Wir haben nach Bekanntgabe der Schulschließungen Übungsmappen für die verschiedenen Fächer vorbereitet und analog und digital verteilt. Bei der Zusammenstellung wurde darauf geachtet, die Aufgaben so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten und die Förderung der verschiedenen Kompetenzen zu gewährleisten. Die meisten Übungen können die Kinder direkt am Tablet lösen, für manche werden jedoch Zettel und Stifte benötigt. Von den gelösten Aufgaben werden dann entweder Fotos oder Screenshots gemacht und via App an die Lehrkräfte verschickt, die sich dann gleich um das Feedback kümmern. Die besonders motivierten Schüler*innen können über die Lernplattform problemlos mit Zusatzmaterialien beliefert werden.“
„Wir arbeiten derzeit mit Moodle. Die Kids bekommen jeden Tag Aufgaben in den Hauptfächern – ich betreue eine erste Klasse in Englisch.“
„Wir haben den großen Vorteil, dass 2 von unseren 3 ersten Klassen iPad-Klassen sind, d.h. wir arbeiten bereits digital und sind mit unseren Schüler*innen vernetzt. Durch die Schulschließung hat sich bei uns aber auch nochmal Vieles getan. Alle Kinder unserer Schule bekamen E-Mail-Adressen und haben sich mit den Lehrkräften vernetzt. Dann ging es an die Umsetzung. Alle bekamen Aufträge in den einzelnen Fächern, entweder noch zu Schulöffnungszeiten oder bereits per E-Mail. Es ist sehr schön zu sehen, wie wir als Jahrgangsteam agieren und wie wir unsere Stärken einsetzen können. Wir arbeiten mit den Programmen Google Classroom und iTunesU, wo die SuS ihre Arbeitsaufträge hochladen müssen. Wir korrigieren sie daraufhin und geben sie mit Kommentaren an die Kids zurück. Das gibt uns auch das Gefühl, nah an den Kids dran zu sein und ihnen auch Input zu geben, mit dem sie arbeiten können. Über Google Meets fanden bereits die ersten Live-Unterrichtseinheiten diese Woche statt, die nächsten folgen kommende Woche, wo direkter Kontakt, nochmaliges Erklären und Fragen stellen ermöglicht wird. Zusätzlich dazu erstellen wir Lernvideos zu einzelnen Themenbereichen, die die SuS immer wieder ansehen können.“
Was funktioniert gut? Was ist herausfordernd?
„Gestern habe ich schon Fotos von den ersten fertigen Werken bekommen. Ich bin sehr stolz, die Kinder antworten sofort und sind höflich und motiviert.“
„Am Anfang war ich doch etwas übermotiviert und habe viele verschiedene Aufgaben gegeben, und die Kids waren dadurch etwas überfordert. Hinsichtlich dieser Tatsache habe ich dann weniger Aufgaben erstellt und diese etwas vereinfacht. Meine Learnings: Less is more. Ich mache jetzt außerdem immer ein „Explainer Video“ (was bei jeder Aufgabe zu tun ist) am Abend davor, und muss dann weniger einzelne Erklärungsgespräche telefonisch durchführen. So habe ich dann mehr Zeit, um mit den Kindern den Inhalt zu besprechen. Dieses Video schicke ich allen Eltern über Whatsapp und stelle es auch online.“
„Zu Beginn war die Unsicherheit und die ständigen Planänderungen herausfordernd, weil diese Situation für uns alle neu war. Nach der Unterrichtsumstellung kam die nächste Herausforderung, dass wir nicht alle Schüler*innen dort abholen konnten wo sie waren, weil z.B. E-Mail-Adressen nicht funktionierten, wir niemanden erreichen oder sie Dinge nicht hochladen können. Das lag an den technischen Ausgangslagen und daran, welche Möglichkeiten die Kinder zu Hause haben. Nun gilt es, sie motiviert zu halten, damit sie dabei bleiben. Es ist auch für uns Lehrkräfte eine Herausforderung, den Unterrichtsalltag so zu gestalten, dass es für alle trotzdem eine lehrreiche Zeit ist und es darf – unser Ansicht nach – auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Denn Emotion und Lernen sind zwei Komponenten, die stark miteinander verbunden sind.“
Wie bist du mit deinen Schüler*innen in Kontakt?
„Kommuniziert wird über Instagram und WhatsApp. Die Onlinebetreuung der Kinder läuft über den ganzen Tag, es kommen ständig Fragen, das freut mich sehr. 2-3 Kolleg*innen sind täglich in der Schule anwesend, es kommen immer wieder Kinder vorbei und holen sich Unterlagen.“
„Um die Nähe zur Schule aufrecht zu erhalten, haben die Schüler*innen den Auftrag bekommen, sich täglich mit uns in Kontakt zu setzen. So müssen sie uns beispielsweise schriftlich oder via Sprachaufnahme beschreiben, was sie am jeweiligen Tag für die Schule erledigt haben oder wie ihr Tagesablauf aussah. Dadurch haben wir einen besseren Überblick darüber, wer den Fernunterricht wirklich ernst nimmt und an wessen Eltern wir vielleicht nochmals eine Nachricht schicken sollten.“
„Ich habe in den ersten drei Tagen mit jedem Kind telefoniert, um sicher zu stellen, dass für sie alles klar war und sie wissen, wie sie mit der Plattform umgehen. Das war sehr hilfreich und hat mir auch einen schönen Einblick in ihr Leben zuhause verschafft. Mir war es auch wichtig, dass sie sich an die Schule gebunden fühlen. „
„Wir sind per E-Mail ständig mit ihnen in Kontakt und sie können auf diversen Kanälen Fragen stellen. Mit den Eltern sind wir über SchoolFox in Kontakt, das seit Beginn des Jahres und insbesondere jetzt eine große Erleichterung darstellt. In den Reflexionen konnten wir, und das freut uns insbesondere, lesen, dass es den Kids durchwegs gut geht. Sie haben uns auch rückgemeldet, welche Aufgaben besonders Spaß gemacht haben und was ihnen momentan durch ihre Köpfe geht, beispielsweise die Tatsache, dass jetzt die erste Woche viel Input und zu viel zu erledigen war. Dessen sind wir uns bewusst und wir haben das Feedback aufgenommen und werden es für die nächsten Aufgabenstellungen berücksichtigen. Es ist jetzt in dieser besonderen Zeit auch sehr wichtig, weder sich, noch die Kinder zu überfordern. Wir müssen uns alle erst an die neuen Umstände gewöhnen, sind aber sehr zufrieden mit dem Ergebnis der ersten Woche. Uns ist es jetzt insbesondere wichtig, dass die Kinder wissen, dass jemand für sie da ist, an den sie sich jederzeit wenden können. Insgesamt sind wir somit super happy und sind gespannt darauf, was die nächsten Wochen so bringen werden.“
Was ist dein persönliches Highlight der 1. Online-Woche?
„Eine Aufgabe war es, einen Dialog (im Supermarkt) zu schreiben und aufzunehmen. Ich habe dann viele Videos von den Kids und einem Elternteil/Geschwisterkind bekommen, wo sie zusammen die Aufgabe machen – Aufgaben mit Eltern und Geschwistern sind also toll! Außerdem sind Tagebucheinträge (sie können auch Fotos schicken) voll süß!“
„Es ist so schön zu erleben, wie die Zusammenarbeit in unserem Jahrgangsteam funktioniert. Jede*r kann seine Ideen einbringen und hilft mit, den Kindern die Zeit möglichst angenehm und lehrreich zu gestalten. Der eine macht lieber Live-Unterricht und die andere erstellt dafür lieber Lernvideos während die nächsten an den Daily Challenges arbeiten. Wir stimmen uns täglich ab und unterstützen uns, wo wir können. Die Schüler*innen merken das und durch das unterschiedliche Angebot sind sie auch aktiv dabei. Auch wir Lehrkräfte lernen in dieser Zeit sehr viel darüber, wie Kinder lernen, beispielsweise dass klare Arbeitsaufträge unabdingbar sind. Wir sehen auch, dass manche Kinder schon sehr fleißig vorgearbeitet haben und können dann gezielt präzises Lob aussprechen, um sie weiterhin zu motivieren.“
„Es ist großartig zu sehen, wie viel Verantwortung die Kinder innerhalb kürzester Zeit für ihr eigenes Lernen übernommen haben und wie gut sie manches, was wir in der Schule mit ihnen trainieren nun anwenden können. So schaffen es die meisten richtig gut, sich ihre Zeit einzuteilen und geben ihre Aufgaben rechtzeitig und vollständig ab. Außerdem entwickelt sich innerhalb der Klasse eine Unterstützungskultur. Die Kinder beantworten einander Fragen, geben Tipps oder motivieren sich gegenseitig.“
Die Lehrer*innen unterrichten an NMS in Wien.
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