Mein Start in der Mittelschule – Schüler*innen berichten
Mein Start in der Mittelschule – Schüler*innen berichten
In den letzten Artikel wurde der Frage nachgegangen, wie Lehrer*innen den Schuleinstieg erlebten. Allerdings sind diese nicht die Einzigen, für die der September ein markantes Datum darstellt: Zahlreiche Schüler*innen haben überhaupt ihren allerersten Schultag oder erleben ihren ersten Schultag in einer neuen Schule.
Als Klassenvorständin einer 1. Klasse Mittelschule durfte ich Anfang September 22 Schüler*innen begrüßen. Ein paar Schüler*innen kannten sich bereits aus einer der umliegenden Volksschulen, andere hatten Freunde oder Geschwister in Parallelklassen oder höheren Jahrgängen. Aber es gab auch Schüler*innen, die kein bekanntes Gesicht am Standort hatten oder für die es überhaupt der erste Schultag an einer österreichischen Schule war.
Sie eint, dass mich am ersten Schultag viele aufgeregte und gespannte Gesichter erwarteten. Manche hatten sich extra schön angezogen, andere brachten mir Bonbonieres oder Blumen mit.
Liebe Ela! Seit ein paar Wochen besuche ich eine neue Schule
Wie blicken die Schüler*innen auf die ersten Wochen in der Mittelschule zurück? Dies war unter anderem das Thema der 1. Deutsch Schularbeit. Die Schüler*innen der 1. Klassen mussten einen Brief an eine Person ihrer Wahl schreiben, die noch nie an ihrer Mittelschule war und diese auch nie besuchen wird und im Brief von den ersten zwei Monaten an ihrer neuen Schule berichten. Geschildert wurden die Gefühle am ersten Schultag, wie bereits neue Freundschaften entstanden, wie die neuen Lehrpersonen erlebt werden, welche Aktivitäten bereits durchgeführt wurden aber auch, wie das Arbeiten im Unterricht ist.
Die nachfolgenden Zitate stammen aus den Schularbeitstexten der Schüler*innen und wurden bis auf die Rechtschreibung und Grammatik nicht verändert.
Mein erster Schultag
Viele Briefe begannen mit dem Schulstart und wie es den Schüler*innen dabei ging. Armin beschreibt diesen folgendermaßen: „Am Anfang war ich sehr schüchtern, jedoch dauerte es nicht so lange, bis ich die ersten Freundschaften gegründet habe.“ Elanur empfand die Situation ähnlich: „Mein erster Schultag war aufregend, weil ich neue Gesichter kennengelernt habe.“
Aus den „neuen Gesichtern“ wurden bald Freund*innen. „Ich habe schon viele Freundinnen und Freunde gefunden. Ich hoffe, du wirst auch so viele Freunde finden“, wünscht Petra der Empfängerin ihres Briefes. Auch auf digitale Medien wird bereits zurückgegriffen, um die Freundschaften zu vertiefen: „Ich habe schon neue Freunde und wir (Buben) haben schon eine WhatsApp Gruppe gemacht“, schreibt Ali.
Aus Sicht einer Lehrperson ist es faszinierend zu beobachten, wie schnell die Schüler*innen sich anfreunden, aufeinander zugehen und sich helfen. Herkunft und Sprachkenntnisse spielen in den meisten Fällen eine untergeordnete Rolle. In der Mittelschule ist es egal, ob man jeden Tag denselben Pulli trägt, kaum Deutsch kann oder während dem Unterricht manchmal Selbstgespräche führt: Die Klassenkolleg*innen blicken darüber hinweg und man hat Freunde.
Wir hatten schon viele Ausflüge
In den ersten Schulwochen wurden unterschiedliche Aktivitäten organisiert, damit sich die Schüler*innen besser kennen lernen und zu einem Team werden. Besonders in Erinnerung blieben folgende Erlebnisse: „Außerdem hatten wir schon viele Ausflüge, z.B. Kennenlerntage in der Aula und im Park, wo ich meine Klasse besser kennengelernt habe oder wandern in Neuwaldegg. Puhhhh, das war anstrengend! 14 000 Schritte hin und zurück“, beschreibt Tuana die Aktivtäten in den ersten Wochen.
Die eigene Präsenz scheint jedoch nicht unbedingt von Bedeutung, damit das Erlebnis Erwähnung im Brief findet: „Meine Klasse war in einem Wald wandern. Der Wald heißt Neuwaldegg. Leider konnte ich nicht mit, weil ich krank war,“ so Arda. „Wir haben schon vier schöne und lustige Lehrausgänge gemacht: An der Universität haben wir uns einen riesigen Globus angeschaut. Das war ganz toll. Außerdem waren wir auch Fahrrad fahren und das war nice, als wir auf der Straße gefahren sind“, erzählt Sofia in ihrem Brief.
Die Lehrausgänge und Projekttage wurden in fast allen Briefen ausführlich beschrieben und zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, mit den Schüler*innen auch außerhalb des Klassenzimmers etwas zu unternehmen. Oftmals sind es gerade diese Erinnerungen, die einem ein Leben lang bleiben.
Wir nennen sie Frau Koch und Herr Falk
Natürlich werden in den Briefen auch die Lehrer*innen erwähnt, die „so nett sind“, laut Irem. Peter schreibt: „Über die Lehrer/innen müssen wir uns nicht beklagen. Sie sind alle nett und sympathisch und machen einen guten Eindruck.“ Glück gehabt!
Im Gegensatz zu den meisten Volksschullehrpersonen ändert sich jedoch die Anrede. „Unsere Klassenvorstände sind Stefanie Koch und Peter Falk. Um respektvoll zu sein nennen wir Sie Frau Koch und Herr Falk.“ Die Anrede Frau XY und Herr XY fällt den meisten Schüler*innen leicht. Deutlich schwieriger ist der Umstieg auf die Höflichkeitsform, sodass man die ersten Monate des Öfteren Phrasen in dieser Art hört: „Frau XY, kannst du bitte….“
Ich bin der Klassensprecher
In der zweiten Schulwoche wurden die Klassensprecher*innen gewählt. Jede Kandidatin / Jeder Kandidat musste in einer kleinen Wahlrede erklären, warum sie bzw. er besonders gut für dieses Amt geeignet ist. Diese Funktion muss natürlich auch im Brief erwähnt werden: „Ich wollte dir etwas Wichtiges erzählen: Ich bin der Klassensprecher geworden und viele Kinder aus unserer Volksschule sind auch hier in dieser Schule. Ich wünschte, dass du auch hier wärest!“, schreibt Ismail.
Dann hat das Arbeiten begonnen
Neben diversen Aktivitäten außerhalb des Klassenzimmers hat auch schon das Arbeiten in der Klasse begonnen. „Ich musste bereits ein zwölf Zeilen langes Gedicht auswendig lernen“, so Lukas. „Meine erste Mathe Schularbeit war großartig“, schreibt Lena. Etwas nüchterner erlebte Hussain den Start: „Wir haben unsere Bücher bekommen, dann hat das Arbeiten begonnen.“
Natürlich schafft die Aufregung bei der Schularbeit auch kleine Irrtümer. Ein Schüler besucht „nun schon seit zwei Jahren eine neue Schule“, anstelle von zwei Monaten. Eine andere Schülerin vergaß beim Schreiben ein kleines, aber bedeutendes Präfix: „Ich suche seit ca. zwei Monaten eine neue Schule“. Zum Glück hat sie die Schule mittlerweile gefunden.
Ich freu mich auf die nächsten 4 Jahre mit dir!
Aber auch als Lehrperson erhält man ab und zu einen Brief – ganz unabhängig von einer Schularbeit. Dabei wird einem wieder bewusst, dass der Job zwar in vielen Situationen sehr fordernd ist, man zugleich aber auch unbezahlbar schöne Momente erlebt.
Marie Sophie Plakolm, Lehrerin an einer Wiener Mittelschule.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!