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Viel Ehrlichkeit zu Beginn

Sommerschule. Beim bloßen Gedanken an dieses Wort erschaudern die meisten erfahrenen und angehenden Lehrer:innen. Zwei Wochen der Sommerferien, die man für Kinder opfern soll, die sich wünschen würden, so weit wie möglich von der Schule entfernt zu sein. Weshalb sollte überhaupt jemand in Erwägung ziehen an diesem noch nicht ganz ausgereiftem Bildungsprojekt teilzunehmen?  Nun ja, in meinem Fall lautet die Antwort ECTS und die neu eingeführte Bezahlung, aber auch der Drang sich beweisen zu wollen. 

Überrascht, dass es mir nicht in erster Linie um die Schüler:innen gegangen ist?  Ich denke es wäre unehrlich und naiv zugleich zu behaupten, dass sich Student*innen bloß aus reiner Herzensgüte am Projekt beteiligen. Natürlich sind uns die Kinder wichtig und wir möchten ihnen helfen, aber dieses Gefühl gewinnt erst richtig an Stärke, wenn wir eine Beziehung zu unserer Klasse aufgebaut haben. In der Sommerschule arbeitet man mit Lernenden, denen man wahrscheinlich zum ersten Mal begegnet, was das dringende Bedürfnis zu helfen und sich zu kümmern in den meisten Fällen als Beweggrund in den Hintergrund rücken lässt. 

Bis jetzt hört sich das alles nicht besonders positiv an. Dennoch kann ich behaupten, dass ich diese zwei Wochen um nichts in der Welt eintauschen würde, da die Erfahrungen, die ich gemacht habe und die Entwicklung meiner Schüler:innen, aber auch meine eigene, unbezahlbar für meine Karriere als Lehrerin sind.

Wie würde ich nun rückblickend meine Tage als Sommerschullehrerin beschreiben? Chaotisch, unerwartet, physisch und psychisch herausfordernd, aber auch wunderschön, prägend und unvergleichlich befriedigend. 

Man kann sagen, ich habe Glück im Unglück gehabt, da ich statt einer ursprünglich geplanten Deutsch Regelklasse, eine Deutsch Förderklasse mit den verschiedensten Kindern aus aller Welt betreut habe. Nicht jeder bekommt die Gelegenheit mit so vielen Kulturen in Kontakt zu treten. So wie meine Schüler:innen von mir Deutsch gelernt haben, habe ich ihre Gepflogenheiten kennen lernen dürfen und sogar einen Einblick in ihre Sprache bekommen. 

Die ersten paar Tage würde ich als Eingewöhnungsphase bezeichnen, da in dieser Zeit beide Parteien versucht haben sich aufeinander einzustellen. Langsam aber sicher habe ich ein Gefühl für die Bedürfnisse meiner Schüler:innen bekommen und habe auch gesehen, um was für Persönlichkeiten es sich handelt. Die meisten von ihnen sind herzlich, wissbegierig und überaus intelligent gewesen, aber auch verloren und voller Selbstzweifel. Aus diesem Grund habe ich es mir zur Aufgabe gemacht nicht nur an ihrem Deutsch zu arbeiten, sondern viel mehr an ihrem Selbstvertrauen. Denn Lob und Anerkennung sind diesen Kindern anscheinend fremd gewesen. Viele von ihnen haben gar nicht gewusst, wie sie auf ein nettes Wort oder eine freundliche Geste reagieren sollen. 

Chaotisch, unerwartet, aber auch wunderschön und prägend

In der zweiten Hälfte der Woche hat man gemerkt, wie die Kinder aufgeblüht sind und die ursprünglichen Cliquen, neuen Freundeskreisen gewichen sind. Eine große Mädchengruppe hat sich gebildet, in der sich alle gut verstanden haben. Das Erfreulichste ist daran gewesen, dass sie gezwungenermaßen auch in ihrer Freizeit und den Pausen Deutsch gesprochen haben, da dies die einzige gemeinsame Sprache gewesen ist. Dies hat selbstverständlich einen enorm positiven Effekt auf die Sprachentwicklung gehabt. Ich habe beobachten dürfen, wie sich Äußerungen aus wenigen Worten, in richtige, teilweise sogar komplexere Sätze verwandelt haben.

Die Jungs haben sich zu einer weniger homogenen Gruppe zusammengeschlossen. Sie hatten von Anfang an ein größeres Problem mit der Sprachbarriere. Gänzlich unerwartet ist jedoch die Rivalität gewesen, die bei Spielen zwischen den Mädchen und den Jungs entstanden ist. Teilweise hat diese auch in gehässigen Kommentaren resultiert, die ich schnellstmöglich unterbunden habe. Das zeigt wiederum auch, dass Lehrer*innen nicht nur für die fachliche Wissensvermittlung zuständig sind, sondern eine bedeutende Rolle in der Erziehung spielen. Oftmals vergisst man das, da der Fokus im Studium auf dem fachlichen Wissen liegt. Wir sind wichtige Bezugspersonen für unsere Schüler:innen; unser Aufgabenbereich umfasst so viel mehr als nur das Unterrichten.

In der zweiten Woche sind wir bereits eine zusammengeschweißte Klasse gewesen und haben effektiv arbeiten können. Die Lernenden haben fleißig mitgemachten, sind engagiert gewesen und haben manchmal sogar ein wenig Spaß am Unterricht gehabt. Ich habe auch Einblicke in ihr Privatleben erhalten dürfen, was mir klar gezeigt hat, wie sehr sie mir nach dieser kurzen Zeit bereits vertrauten. Ich sage nicht, dass es keine negativen Zwischenfälle gabt, immerhin handelt es ich um Schüler:innen, die gerne die Grenzen austesten, aber es ist immer eine schnelle, friedliche Lösung gefunden worden. 

Die Tage sind schnell verstrichen und der Abschied ist uns allen schwergefallen. Die Zeit als bloße Studentin ohne jeden Tag früh aufstehen zu müssen und unterrichten zu dürfen sind mir fast unwirklich erschienen. Ein Teil von mir hat sich über die zurückgewonnenen Freiheiten gefreut, der andere Teil hat jetzt schon die Kinder vermisst und sich gefragt, was sie wohl nach der Sommerschule erwartet und ob sie zurechtkommen werden. Schon nach einem derart kurzen Zeitintervall hat sich ein Band zwischen mir und meiner Klasse entwickelt, das eindeutig unter Beweis stellt, dass dieser Beruf der einzig richtige für mich ist und dass ich mich trotz all der Hürden definitiv richtig entschieden habe. 

Ich gebe zu, die zwei Wochen sind anstrengend gewesen, sehr anstrengend sogar, aber ich empfehle jeder zukünftigen Lehrerin und jedem angehenden Lehrer an der Sommerschule teilzunehmen. Es gibt nämlich nichts Erfüllenderes als diesen Kindern bei der Entwicklung und beim persönlichen Wachstum zu helfen und zuzusehen. Egal was einen dazu veranlasst bei diesem Projekt mitzuwirken, bereits nach wenigen gemeinsamen Unterrichtsstunden sind es garantiert die richtigen Gründe. 

Allen Schüler:innen, die selbst noch unentschlossen sind, was sie später werden wollen und/oder unsicher sind, ob sie zur Lehrerin/zum Lehrer geeignet sind, kann ich nur sagen, traut euch! Es gibt nichts Schöneres.

Die Autorin ist Lehramtsstudentin und hat an einer Wiener Mittelschule im 20. Bezirk an der Sommerschule unterrichtet.

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Erschienen unter: www.schule-der-zukunft.at (Innsbrucker Schulgschichtn) 

Sechs Kinder, sechs unterschiedliche Weggabelungen

Melinda wächst mehrsprachig auf. Thomas ist das Kind zweier Akademiker:innen. Dann gibt es noch Matteo, Susanne, Emine und Ahmed. Die ersten fünf werden ab September 2022 in ein Innsbrucker Gymnasium gehen, Ahmed in eine Mittelschule. 

Susannes Eltern hätten gerne ihr Kind in jenem Gymnasium gesehen, dessen Konzept sie sich für ihre Tochter gewünscht hätten. Leider wird ihr Wunsch nicht in Erfüllung gehen. Ihre Tochter hat im Fach Deutsch „nur“ ein Gut im Volksschulzeugnis. Da dieses Gymnasium mehr Anmeldungen als Plätze hat, genügt dieses tolle Zeugnis leider nicht zur Aufnahme. Der Wunsch von Thomas Eltern dagegen wird in Erfüllung gehen, auch wenn ihr Sohn ebenso ein „Gut“ im Zeugnis hat. Sie haben ihren Sohn in ein anderes Gymnasium angemeldet, welches einen medialen Schwerpunkt hat, was seinen Eltern als äußerst zukunftsträchtig erscheint. Matteos Eltern wollen ebenso, dass ihr Sohn in das Wunschgymnasium von Susannes Eltern kommt, was so sein wird. Er hat alles „Sehr gut“, obwohl seine Leistungen in Deutsch keineswegs so toll sind, wie dessen Note vermuten lässt. Susanne hatte jedoch eine Lehrerin, die es mit der Notenwahrheit recht genau genommen hat, während Matteos Lehrerin nachsichtiger war und nicht so viel von ihren Schülerinnen und Schülern verlangt hat. Ahmed wurde als nicht gymnasialreif eingestuft, er hatte dieselbe Lehrerin wie Susanne, Emine dagegen kommt in ein Gymnasium, sie hatte dieselbe Lehrerin wie Matteo.

Was bei all diesen Szenarien nicht vergessen werden darf, ist der Druck, dem die Kolleg:innen der Volksschulen ausgesetzt sind. Dieser macht ein unbeschwertes Arbeiten in der vierten Klasse Volksschule nahezu unmöglich. Schließlich haben die Eltern der Kinder ihre Erwartungen, die erfüllt werden müssen.

Fragen zu Beginn des Schuljahres

Fragen, die ich mir immer stelle, wenn ich eine neue erste Klasse in Deutsch erhalte: 

Warum haben die Eltern von X unsere Schule gewählt, wenn sie doch bei jeder Gelegenheit unser Konzept in Frage stellen?

Wie kann es sein, dass Y dieselbe Note in Deutsch hatte wie Z, ihr Wissenstand aber unterschiedlicher nicht sein kann?

Warum durfte L nicht an unserer Schule aufgenommen werden? Denn, meiner Meinung nach hätte er sich in Deutsch in der Volksschule ein Sehr gut verdient. Dazu kommt, dass seine Eltern das Konzept der Schule unterstützen und diese Schule ihre Wunschschule war.

Diese und noch viel mehr Fragen kann mir niemand so wirklich beantworten.

Die Realität

Aber vielleicht sind diese Fragen gar nicht so wichtig. Die Kraft des einzelnen könnte auch so groß sein, dass die Schulwahl gar keine Rolle spielt. Oder, es stehen jedem/r tatsächlich nach der Unterstufe alle Wege offen, wie mir immer wieder glaubhaft zu vermitteln versucht wird.

Die Frage ist nur, entspricht diese Behauptung der Realität? Ich sage nein.

Bildung ist in Österreich immer noch vererbt. Der Bildungsaufstieg, Eltern keine Matura, Kind schon, gelingt in nur wenigen Fällen. Bei Ahmed könnte es sein, dass seine Eltern sich und ihm das Abenteuer Gymnasium gar nicht zutrauen. Was wird sein, wenn er Nachhilfe braucht? Wer soll das bezahlen? Wie sollen teure Klassenfahrten oder Auslandsaufenthalten finanziert werden? Was passiert, wenn er im Gymnasium scheitern sollte? Dann bleiben die Eltern doch lieber bei der vertrauten Schulform, wissentlich, dass ihnen nie alle Wege offen gestanden sind. 

Thomas Eltern haben diese Zweifel gar nicht. Sollte er im Gymnasium Probleme haben, dann würden sie diese, wie auch immer beseitigen.

Was wir brauchen ist mehr Chancengerechtigkeit und ein faires Bildungssystem, das dieser ambitioniert nachkommt.

Zukunft_Schule_jetzt

Die Initiative „zukunft_schule_jetzt“ ist eine Plattform von an „Bildung“ Interessierten in Innsbruck. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt hat, Schwung in die Diskussion rund um dieses Thema in unserer Stadt, aber auch österreichweit zu bringen. Dadurch möchten wir sowohl die Schulsituation und Chancengerechtigkeit für alle SchülerInnen verbessern als auch das Schulwesen zukunftsorientierter gestalten.

Expert:innen aller Schulformen wollen ein Gegengewicht zu jenen Bestrebungen darstellen, die unser Schulsystem noch elitärer und exklusiver gestalten wollen. Gesucht wird der Dialog und der Diskurs, wie die Schule der Zukunft aussehen könnte. 

Durch den Dialog soll etwas entstehen, dass den Leistungsdruck für SchülerInnen und LehrerInnen, vor allem in den Volksschulen, minimiert., die Vielfalt unserer Gesellschaft in den Klassenräumen besser widerspiegelt, das Lernen voneinander besser ermöglicht und Brennpunktschulen erst gar nicht entstehen lässt. 

Mag. Markus Astner

(Lehrer an einem Innsbrucker Gymnasium; Begründer der Initiative zukunft_schule_jetzt)

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Die Entscheidung Polascheks, die mündliche Matura wieder verpflichtend einzusetzen, wurde von AHS und BHS Schüler*innen zurecht lautstark kritisiert. Prominente Gegenstimmen ließen nicht lange auf sich warten. Kulturpessimistisch angehaucht jammerte Liessmann, dass der jungen Generation Biss und „Disziplin“ fehle, sie jede „Anstrengung“ vermeide und sie lieber feiere, statt Schwierigkeiten überwinden zu wollen. Die Staatsekretärin Palkolm verklärte in einem ZIB Interview die Matura zu einer „großen Chance“ und einem „besonderen Tag“ für junge Menschen, um aller Welt zu zeigen, was sie alles gelernt hätten. Zudem sei es ein wichtiger „Schritt zurück in die Normalität“.

Während Liessmann über die Leere eines einst „strengen und sinnvollen Rituals“ weint, das seine Versprechungen wie z.B. der Hochschulzugänge nur noch bedingt erfülle und überhaupt an Niveau sehr zu wünschen übrig ließe – von welchem Norm-Wissen redet er hier? -, wünscht sich Palkolm in eine Vergangenheit zurück, die für die Schüler*innen mit Angst und Stress verbunden ist und herkunftsabhängige Chancen zementiert statt beseitigt. Ihre proklamierte Chance ist ein Euphemismus sondergleichen.

Die wieder aufgeflammte Diskussion über die Notwendigkeit der Matura ist ein guter Zeitpunkt, ihre Sinnhaftigkeit einmal mehr in Frage zu stellen und ihr Ende einzufordern!

Die Matura beruht in meinen Augen auf zwei Rechtfertigungsgründe: Einmal dient sie der Zulassung für die Hochschulen. Zum anderen stellt sie das Abschlussritual der 12-jährigen Schullaufbahn dar.

Ersterer ist in den letzten Jahren zunehmend in den Hintergrund getreten, sind doch Aufnahmeprüfungen und Eignungstests bei Studiengängen immer häufiger Usus – ein schlechter noch dazu, wie ich finde; ausreichende Finanzierung wäre hier wünschenswerter.

Der zweite ist ebenso fragwürdig. Mir erschließt sich die Sinnhaftigkeit dieser Abschlussprüfung nicht. Weder als Prüfung noch als Ritual. Prüfungen im Sinne eines Wiederkäuens zuvor auswendig Gelerntem ist nicht mein Verständnis von Wissensaneignung. Allein als Abschluss-Ritual wäre eine ganzjährige Projektarbeit, auch in Verbindung mit der VWA eine deutlich sinnvolle Angelegenheit. Ansonsten ist sie eine weitere Hürde und Disziplinierung. Ohnehin zeigen Schüler*innen tagtäglich, was sie können. Und das zwölf Jahre lang! Schüler*innen also mangelnde Disziplin oder Anstrengungsverweigerung vorzuwerfen grenzt an Arroganz.

Einzig die Versteifung unseres Bildungssystems auf Prüfungen und Überprüfungen der Prüfungen erklärt mir diesen (Über-)Prüfungsfetisch. Generell sollte meines Erachtens das Ziel jeden Unterrichts sein, möglichst viele Übungssituationen zu schaffen. Das würde folglich die Konditionierung, für Noten zu lernen, aushebeln und Motivation und Interesse an Neuem wieder in den Vordergrund rücken. Ferner würden die ungleichen familiären Unterstützungsmöglichkeiten der Schüler*innen ausgeglichen werden, die nach wie vor die allergrößte, wenn auch unsichtbare Mitverantwortung am schulischen Erfolg tragen. So maturieren nur 4 von 10 Arbeiter*innenkinder und 2 von 10 beginnen ein Studium, wohingegen 8 von 10 Akademiker*innenkinder eine Matura machen und ganze 7 von 10 studieren gehen. Nur zur Wiederholung: Ziffernoten sagen per se mehr darüber aus, wie Schüler*innen mit Spielregeln und Verhaltensnormen von Schule zurechtkommen als über das Leistungsniveau selbst. Somit treffen negative Noten insbesondere Schüler*innen aus bildungsfernen Schichten, weil sie viel öfters Schwierigkeiten mit dem sozialen Setting Schule haben.

Ferner zwingt die Matura in der Oberstufe – und hier vor allem im letzten Jahr – auf eine Fokussierung aller Ressourcen und Energien auf diese letzte Prüfung. Im Unterricht wird nur noch in Hinblick auf die Matura gelernt. Nicht Maturafächer geraten selbst bei Interesse gezwungenermaßen ins Hintertreffen. Folglich ist das letzte Jahr ein Bulimielernen auf eine Prüfung hin, die ihr altes Versprechen nur noch zum Teil erfüllt. Ein Zurück-zur-Normalität war schon immer nur für ÖVP und Konservative wünschenswert, die vom herrschenden (Bildungs)System profitieren.

Meine Vision ist hingegen ein Abschlusszeugnis der zwölften Klasse, das den Namen Matura trägt.

Für mich ist und bleibt die Matura, um es mit Natascha Strobel auf den Punkt zu bringen, ein „Statussymbol einer reaktionär-bürgerlichen Klasse“, um eine breite gesellschaftliche Chancengerechtigkeit einzuschränken.

Jonathan Herkommer, BHS Lehrer in Wien

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Corona nervt! Das lässt sich wohl aus allen verfassten Texten herauslesen. Manche sind geimpft, manche nicht, manche finden eine Impfpflicht gut, andere weniger, viele sind dennoch geimpft. Doch sind die meisten von ihnen der Meinung, dass es nichts gebracht habe. Es wurde ihnen versprochen, dass sie dann keinen Lockdown mehr haben werden, keine Masken, kein Testen. Tatsächlich hat sich das Leben von allen verschlechtert.

Keiner geht mehr raus, nicht ins Kino, kein Treffen mit Freunden. Zu viele haben schon bezahlt, weil sie zu wenig Abstand hielten, keine Masken trugen oder keinen gültigen PCR Test hatten, um etwas einzukaufen oder irgendwo was zu essen. 

Corona nervt. 

Ja! Die Mittelschüler und Mittelschülerinnen trifft es besonders hart. Viele haben vier und mehr Geschwister, viele wohnen in sehr engen Wohnverhältnissen. Durch das Ansteigen der Betriebskosten hat sich diese Situation verschärft. Etliche unserer SchülerInnen mussten umziehen. Sie haben jetzt einen längeren Schulweg. Mehr öffentliche Verkehrsmittel, noch mehr Möglichkeit sich anzustecken. Und wenn nicht sie, dann die Eltern in ihren systemrelevanten Jobs als Reinigungskraft, Pflegepersonal und/oder im Lager. „Die Arbeit meiner Eltern ist schwerer geworden!“, sagt Maria. Auch Pia stöhnt: „Wir sind alle zweimal geimpft – wir hatten alle schon Corona. Früher hatte ich Angst, jetzt habe ich keine Angst mehr. Ich möchte keinen Masken mehr tragen. Ich möchte auch nicht mehr täglich testen. Es kostet sehr viel Zeit in der Schule.!“

David hat Angst etwas anzugreifen, seinen Freunden nah zu sein. Tanja klagt, sie bekäme von der Maske Pickel. Klaus ist sich sicher, dass Corona, also zumindest die Delta und die Omikron Variante nur Erfindungen der Regierungen seien, damit die Menschen Angst hätten. Denn Angst bekäme man vor allem vor dem Unbekannten, Unsichtbaren. Er glaubt, dass die Regierung diese zur Manipulation der Menschen ins Leben gerufen hätten. 

Hannah hat Angst um ihre fünf kleinen Geschwister. Sie wäre seit Jahren zuhause eingesperrt, nichts sei mehr lustig. Man gehe nicht mehr gemeinsam raus, denn dass alle Familienmitglieder gleichzeitig einen gültigen PCR Test hätten, sei ein Ding der Unmöglichkeit. 

Fast alle Geimpften hatten auf ein Ende der Masken gehofft. Auf ein Ende des Testens. 

„Frau Lehrerin, lügen die uns an?“

„Aus meiner Familie hatten schon alle COVID“, schreibt Daniel, „ich finde, sie sollten die Schulen gleich schließen und uns nicht dauernd nach Hause schicken.“ „Und schon zweimal durfte ich nicht in die Schule, weil ich keinen gültigen PCR Test hatte. Das nervt!“

„Ich möchte Frieden und Ruhe! Die Medien machen die Welt verrückt!“ konstatiert Jens. „Ich hoffe, das hört dieses Jahr auf!“

Ja ständige positive Test in der Klasse, die Unklarheit, ob ein Schultag, eine Schulwoche „normal“ zu Ende geführt werden können. Solbad die Lehrkraft sagt: „So, und jetzt packen wir alle Sachen ein!“ Die Angst im Nacken – werden wir schon wieder nach Hause geschickt?

Paul meint: „Homeschooling macht mir nichts, da bin ich eh brav!“, aber viel lenke ihn zuhause ab. Die kleinen Geschwister, das Handy in Griffweite, die Mama in der Küche…

Informationen bekämen sie von TikTok, also alle. Oder eben aus dem Internet. Manchmal auch aus der Kronenzeitung. Aber TikTok erklärt eh alles. Und ja, Corona hat das Leben verändert: Die Erschöpfung der Bevölkerung, das seelische Verhalten. Alles sei halt ein bissi schwerer geworden. 

Corona NERVT!

Corona NERVT! Das ist auch der Grundtenor an einer Wiener HAK. Viele sind von der oft widersprüchlichen Kommunikation der Politik frustriert. Können die Inkonsistenz der verlautbarten Regelungen nicht nachvollziehen. Dennoch: Mittlerweile ist die überwiegende Mehrheit der befragten Schüler*innen geimpft. Sie stehen der Impfung positiv – „sie schützt mich vor schwerem Verlauf“ – bis pragmatisch – „ich wollte wieder Freund*innen treffen“ – gegenüber. Einige führten Solidarität als Beweggrund an. Andere nannten ihre Eltern als maßgeblichen Einflussfaktor.

Nur wenige sind nicht geimpft. Hier sind es die Eltern und Geschwister häufig auch nicht. Sie sehen die Impfung skeptisch; wollen lieber abwarten, haben noch Ängste wegen möglicher Nebenwirkungen. Eine will sich erst impfen lassen, wenn es „notwendig“ ist, eine weitere erst, wenn es „Pflicht“ werde. Andere wiederum führen die Angst ihrer Eltern oder deren Impfaversion an.

Aber: Corona nervt! Viele nervt das Thema. Es nervt sie, tagtäglich mit News rund um Corona konfrontiert zu werden. Neue Bestimmungen, neue Verbote, neue Einschränkungen. Lockerungen folgen Einschränkungen folgen Lockerungen folgen – Sie wissen, wie es weiter geht. Einige haben das Thema satt. Sie wollen nicht mehr darüber reden, vermeiden es „so gut wie möglich“ darüber zu sprechen. Eine dazu: „Mir ist es egal geworden“, sie habe sich an die „Pandemie/Situation gewöhnt“.

Andere wiederum beschäftigen sich intensiv damit. Diskutieren in den Familien und halten sich gegenseitig am Laufenden. Manche über die Vorteile der Impfung, andere nur über „die Nachteile der Impfung“. Als Quelle dient ihnen häufig Insta und TikTok. Der ORF wird auch immer wieder genannt. Ob wegen „sozialer Erwünschtheit“ oder seinem neuen TikTok-Kanal bleibt hier unbeantwortet.

Corona nervt!

 Es nervt, weil Freund*innen erkranken und nicht getroffen werden können. Es nervt auch, weil es eine weitere Sorge um Angehörige und Verwandte darstellt. Viele kennen zumindest eine Person, die an Corona erkrankt ist. Davon hatten die meisten – zum Glück – einen leichten Verlauf. Einer erwähnt seinen Vater, der unter Long Covid leide; eine ihre Tante, die einen schweren Verlauf mit Hospitalisierung hinter sich habe. Manche waren selbst schon Corona positiv. Eine schon zweimal: Delta und Omikron, trotz Impfung. „Überall gekostet“, scherzt sie müde.

Die Demos gegen Corona-Maßnahmen halten die meisten für „unnötig“, sie „bringen nichts“ und würden nur zu „mehr Ansteckungen“ führen. Sie sollten sich „lieber an die Ordnungen“ halten. Trotz dieses Hangs zur Ordnung wird demonstrieren für viele als gut und richtig angesehen. Seine Meinung öffentlich kundzutun, wird als wichtig erachtet: „Meinungsfreiheit“ sei wichtig, genauso wie das „Recht auf ein freies Leben“. Jedoch wird ihr Effekt für Veränderungen als kaum existent eingeschätzt. Vielleicht liegt das auch an dem gerade erst mit massivem Polizei-Einsatz geräumten Protest-Camp.

Ein anderer wiederum schreibt, dass Freunde auf die Demo gingen, sie seien gegen die Impflicht und sähen die Maßnahmen der Regierung als „unnötig“ an.

Corona nervt, voll hart! 

Besonders tangiert die Jugendlichen Corona in ihrem Sozialleben. Eine fühle sich nicht mehr „frei“. Eine betont, „Jugendliche wollen ihre Freiheit und ihren Spaß“ – wer kann dem nicht zustimmen? Keine*r sagt, es hätte sich nichts verändert. Viele klagen über Verlust von sozialen Kontakten. Vereinsamung. Vermisste Partys. Regelmäßige Treffen und Unternehmungen seien unmöglich bis eingeschränkt. Das Maskentragen nerve. Man kenne kaum noch die Gesichter der Freund*innen. Zudem sei die Haut vom vielen Tragen irritiert. Oftmals wird sie auch zu Hause vergessen und dann stünde man „blöd“ da.

Bei einigen seien die Eltern „ständig“ zuhause. Einige wegen Jobverlust. Andere wegen Homeoffice. Allemal nerve ihre ständige Anwesenheit. Es fehlten Rückzugsorte. Privates. Intimität. Enge Wohnverhältnisse, fehlende Kontakte, eingeschränkte Treffmöglichkeiten, das ständige Testen. Oftmals ist es viel. Viel, das nervt.

Der Text ist eine Zusammenfassung von Schüler*innen-Befragungen an einer HAK und einer MS in Wien.

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Abenteuer Mittelschule

Es ist vollbracht! Nachdem an der Schulform Mittelschule in den vergangenen Jahren kein gutes Haar gelassen wurde, sich die Politik für Schüler*innen dieses Schultyps nicht zu interessieren scheint und auch in diversen Medien die Negativberichte klar überwiegen, kommt das Problem des Lehrer*innenmangels schneller als erwartet auf uns zu. Denn all die oben aufgezählten Punkte haben zur Folge, dass viele Student*innen gar nicht mehr an der Mittelschule unterrichten wollen, außer besagte Schule ist in einem kleinen Dorf am Land, wo angeblich alles noch besser sein soll. Es ist eine Entwicklung, die absehbar war und ist.

Gemeinsame Unterstufe und das neue Lehramtsstudium

Der Traum von der einer gemeinsamen Unterstufe für alle 10 bis 14jährigen scheint ausgeträumt zu sein. Das Festhalten an jenem Modell, das wir seit Jahrzehnten bedienen, nämlich der Trennung nach der Volksschule in privilegiert und weniger privilegiert, lässt keine grundlegenden Änderungen zu. Immer noch will man Eliten heranziehen und diese hübsch fein vom Pöbel trennen. Der Niedriglohnsektor will bedient werden, also darf der Nachwuchs nicht fehlen. Das Fatale aber ist, dass die Pädagog*innenbildung neu ursprünglich auf einer gemeinsamen Unterstufe aufbaute. Prinzipiell ist zu begrüßen, dass AHS und MS Lehrer*innen die gleiche Ausbildung erfahren. Lange Zeit wurde auch in diesem Bereich fein säuberlich getrennt, die einen für den Pöbel, die anderen für die Elite. Der Gedanke, dass man defizitär ist, wenn man nur sechs Semester an der Pädag studiert hat, ist irgendwann auch in mir kurz aufgepoppt. Gut, dass sich darüber niemand mehr den Kopf zerbrechen muss. Im Austausch dafür machen sich manche Lehramtsstudierende andere Gedanken. Da geht es zum Beispiel darum, dass man verhindern will, jemals an einer Mittelschule eingesetzt zu werden. Prinzipiell kann es jeden und jede treffen, außer es gibt die gewählten Unterrichtsgegenstände an einer Mittelschule nicht. Es kommt also auf eine „kluge Auswahl“ an. Ja, und selbst wenn man in der Mittelschule einen Zwischenstopp macht, länger als ein Jahr kann niemand dazu gezwungen werden. 

Ein kurzer Einblick in meinen Alltag

Es ist 10 Uhr. Theoretisch ist die Pause zu Ende. Als ich zur Schule ging, bedeutete das die Schüler*innen auf ihrem Platz gestanden sind und auf die Ankunft des Lehrers/der Lehrerin warteten. Okay, es gab dieses eine Kind, das bei der Klassentüre wartete, um dann zu brüllen: „Sie kommt!“ Spätestens dann war es ruhig. Im Schlepptau hatte sie, die Lehrerin, eine besonders angepasste Schülerin, die der Lehrerin die Tasche oder die Unterlagen trug. „Setzt euch!“ Segnung erteilt, der Unterricht konnte beginnen.

Zu Beginn meiner Lehrer*innentätigkeit agierte ich ähnlich. Wobei ich nie zuließ, dass ein Schüler oder eine Schülerin meine Tasche oder Hefte trug. Das kam mir von Anfang an ziemlich bescheuert vor. Mag daran liegen, dass ich nie im Leben nur einer Lehrerin oder einem Lehrer irgendetwas hinterher getragen hätte.

Zurück ins Jahr 2022. Die Klasse, die ich jetzt beglücken sollte, hat das mit dem Pausenende nicht so richtig realisiert. Fünf Schüler*innen nehme ich vom Gang mit. In der Klasse spielen vier Kinder Tischfußball, sieben hängen am trotz Handyverbot an diesem, aber sie sitzen auf ihrem eigenen Platz. Meine Stunden beginnen dann, wenn alle ihren Platz gefunden haben. Aufstehen, bitte nicht. Nein, das ist kein Akt der Höflichkeit, sondern einer des Gehorsams. Mein Arbeitgeber ist das Bildungsministerium und nicht das Bundesheer. Ich warte noch weitere drei Minuten. Ha, jetzt könnte es gehen. Da zeigt ein Mädchen auf. Sie ist am Verdursten. Schuld ist die quietschtrockene Wurstsemmel. Ein Problem, das sich lösen lässt. Ich schicke sie zum Wasserhahn. Die anderen Schüler*innen gucken mich erwartungsvoll an. Sie wollen zeichnen und  fast alle haben Lust mitzumachen. Ich genieße die drei Minuten Stille, und fange zu erklären an. Hat länger gedauert, aber was soll es. Zeit ist ohnehin relativ.

„Eine schwierige Klasse“, höre ich immer wieder. Stimmt, ein Waldspaziergang ist das Unterrichten hier nicht, mehr eine Art Abenteuerurlaub. Man weiß nie, was im nächsten Moment passieren könnte.  So ist es auch heute. „Elvira weint“, ruft ihre Sitznachbarin in die Stille. Vier Schüler*innen springen auf, weil sie erstens wissen wollen, warum sie weint und zweitens sie trösten wollen. Ich gehe auch zu Elvira. „Was ist los?“ Elvira schluchzt mir vor, dass ihre Oma gestorben ist. Also nicht ihre Oma, so eine Art Leihoma. Dragana wird blass. „Oh mein Gott. Wie alt war sie?“ „Vier-schluchz-und-schluchz-fünfzig.“  Dragana, nicht mehr blass, dreht sich um und sagt: „Ah so! Ist eh schon alt.“

Die Wogen sind geglättet, es kehrt wieder Ruhe ein. Elvira wurde mit Taschentüchern, Wasser und Schokolade versorgt. Nach einer abermaligen klitzekleinen Unruhe bedingt durch Wasser und Malkasten holen, sind alle beschäftigt und im Flow.

Schwierige Klassen, na und!

Unter schwierig kann man sich unterschiedliche Dinge vorstellen und ausmalen. Kriminelle, bildungsresistente und lernunwillige Schüler*innen. Solche, die ihre Pflichtschulzeit absitzen und dann ihre kriminelle Laufbahn endlich vollzeit ausüben können. Solche, die mit Messern in die Schule kommen, und alles, was sich ihnen in den Weg stellt, kurz und klein schlagen. In diesen Klassen stellt man sich vor, kann ja nicht einmal unterrichtet werden. Da muss man dann Sozialarbeiter*in sein, und nicht Stoffvermittler*in. Letzteres streben ja viele an, die den Lehrer*innenberuf anstreben. Vornehmer formuliert, will man den Kindern und Jugendlichen etwas beibringen. 

Ja, ich gebe zu, wir haben schwierige Klassen. Jene Klasse, von der ich ein bisschen weiter oben erzählt habe. 24 Individualist*innen, die mich gemeinsam immer wieder vor Herausforderungen stellen. Die dafür sorgen, dass mir in meinem Beruf nicht langweilig wird. Die mir, die ich nie ausschließlich die hohe Kunst der Mathematik vermitteln wollte, mit ihrem Verhalten zeigen, wie wichtig es ist, dass es uns gibt. Solche, die manchmal nur uns MS-Lehrer*innen als Lobby haben. Aber mein subjektives Empfinden von schwierig unterscheidet sich deutlich von dem der wagen Vorstellung der konservativen Politiker*innen, manch angehenden Pädagog*innen und der Boulevardpresse.

Ein Blick hinter die Fassade

Was die Personen, die sich vor der Mittelschule fürchten, einmal tun sollten, ist einen Blick hinter die Fassade zu machen. In der besagten Klasse mache ich das täglich und entdecke so wunderbare Kleinigkeiten, die mir das Herz aufgehen lassen.

Weil wir aufgrund von Corona nicht in die Sporthalle gehen sollten, weichen wir, so es das Wetter zulässt in den Park aus. Schnelles Gehen ist besser als gar keine Bewegung.

Ich: Zieht euch um. Wir gehen in den Park.

Ali: Mit oder ohne Stäbchen?

Ich: Womit?

Semih: Oida, können wir nicht lieber Kebab essen gehen? 

Angi: Du sollst Sport machen, damit du dünner wirst. Essen ist kein Sport, da wird man fetter.

Semih: Okay, zuerst Park und dann Kebab.

Ich: Semih, finde ich nicht so gut. Nicht jeder hat Geld mit. Und, dass dann ein paar euch beim Essen zugucken, finde ich nicht so prickelnd.

Semih: Wieso? Alle, die Geld haben, geben Geld. Da kann jeder in der Klasse Kebab haben.

Semih ist ein schwieriges Kind, ohne Zweifel. Aber für diese, für seine Klasse würde er sich das letzte Hemd ausziehen, und für seine Klassenvorständin. Sie ist toll, auch wenn ihr hin und wieder berechtigter Weise die Energien ausgehen. 

Um die Weihnachtszeit erzählen mir die Schüler*innen, dass sie ihr ein ganz tolles Geschenk machen wollen, weil sie so ein großes Herz hat, und ihnen, der Klasse, so viel gibt. Und das wollen sie ihr zurückgeben. Zehn- und elfjährige Kinder haben ohne die Hilfe von Eltern oder Lehrer*innen ziemlich viel Geld gesammelt. Jede/r hat gegeben, was er konnte. Als die Summe noch nicht passt, legt Semih noch was dazu. „Hab ich von meinem Onkel bekommen, für mich. Aber besser für Frau R.“, erklärt er.

In dieser Klasse können alle sein, wie sie wollen. Es ist völlig egal, dass Nurhan mit 12 Jahren blickende Sportschuhe trägt. Es ist nebensächlich, dass Elvira schwer übergewichtig ist. Es ist unerheblich, dass Rohid immer die gleichen Klamotten trägt und ab und zu nicht so gut riecht. Wenn es hart auf hart geht, dann setzten sie sich auch für die Klassenkolleg*innen ein, die ihnen manchmal selbst fest auf die Nerven gehen.

Darum unterrichte ich in der Mittelschule

Klassen, wie diese, sind der Grund, warum ich nach fast 30 Jahren immer noch gerne arbeiten gehe, auch wenn ich sie manchmal verfluche, so wie andere auch. Ich habe sie noch nie als schwache Schüler*innen gesehen. Klar, sie haben Defizite in vielen Bereichen, aber unterm Strich nicht mehr oder weniger als ich selbst. Sie leben ein Leben, das ich nicht kenne. Sie kämpfen sich mit ihren Familien durch die Widrigkeiten des Alltags, und werden außerhalb der Schule oft nicht wahrgenommen, außer sie sind kriminell. Diese Schüler*innen haben volle Aufmerksamkeit verdient, und leben auf, wenn ihnen nicht nur der Stoff vermittelt wird. Und gerade die, die mich im Laufe meiner Schulzeit am meisten gefordert haben, melden sich bis heute bei mir und berichten mir stolz, dass sie entgegen allen Erwartungen doch im richtigen Leben angekommen sind.

Kleiner Nachsatz an die Verantwortlichen

Wir brauchen in Zeiten des Klimaschutzes nicht gratis Parkpickerln, sondern Politiker*innen, die die Mittelschule und deren Lehrer*innen wahrnehmen und wertschätzten. Und die, die junge Menschen dazu motivieren sich auf das Abenteuer Mittelschule einzulassen.

Die Autorin ist Lehrerin an einer Wiener Mittelschule