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Seitenwechsel? 

Als Schulleiter?

So manch einem im Schulsystem ist der Begriff „Seitenwechsel“ schon mal untergekommen… und einige wissen vielleicht sogar, was damit gemeint ist.

Für alle anderen: Auf der Website des Vereins Seitenwechsel wird mit den Worten „Aus dem Klassenzimmer ins Unternehmen – und zurück“ geworben. Genauer gesagt, die Initiative will Lehrer*innen anspornen, die Schule für ein Jahr zu verlassen, um in dieser Zeit in einem Unternehmen in der Privatwirtschaft (im weitesten Sinne) zu arbeiten. Mit der Idee, Erfahrungen über die „Welt da draußen“ zu sammeln, und diese nach Rückkehr an die Schule sinnvoll nutzen zu können.

So weit, so sehr gut. Denn viel zu oft neigen wir Lehrer*innen dazu, Kindern zu erklären, was sie denn so alles in der Berufswelt können müssen – und in Wahrheit haben wir wenig Ahnung davon. Besonders, wenn wir selbst aus Lehrer*innen-Familien stammen, und im schlimmsten Fall sogar eine Lehrer*in als Partner*in haben. Oje, was brauchen die Kinder denn dann im Berufsleben wirklich? Wie läuft die Welt da draußen? Was tut sich in den Firmen, was müssen die Menschen da können, worauf wird Wert gelegt?

Das beginnt aber schon viel banaler, etwa bei simplen organisatorischen Dingen: Welche Lehrperson hat schon mal Gehaltsverhandlungen geführt oder Urlaubszeiten ausverhandelt? Welche Lehrperson hat seit der Bewerbung bei der Bildungsdirektion jemals wieder wo beworben?

Viel mehr aber geht es um inhaltliche Aspekte. Was von meinem geliebten Unterrichtsfach wird im Job wirklich benötigt? Sind das Wissen und die Kompetenzen, die ich vermitteln will, in der Arbeitswelt relevant? Zeitgemäß?

Viele Fragen also, die wir in der Schule zwar oft reflektieren (hoffentlich!), aber kennen wir die Antworten wirklich? Oder malen wir sie uns nur aus?

Dazu kommt, dass es grundsätzlich immer gut ist, sich einfach mal von bewährten Abläufen zu verabschieden, was Neues zu probieren, über den Tellerrand zu schauen und den eigenen Horizont zu erweitern! Eh klar!

Ja, der Seitenwechsel ist also sehr sinnvoll. So habe ich – in meiner Funktion als Schulleiter – das meinen Lehrer*innen auch stets präsentiert, und auch die eine oder andere dazu bewegen können, sich darauf einzulassen. Bei allen Tücken: Denn einerseits ist es für eine engagierte Lehrer*in gar nicht so einfach, die eigenen „Babys“ für ein Jahr zu verlassen. („Sie verlassen uns?… Sie Verräter!“)

Und generell: Raus aus der Komfortzone, raus aus den gewohnten Abläufen? Weg von den lieben Kolleg*innen? Aber auch nicht zu vergessen: Keine Ferien mehr, nur mehr 5 Wochen Urlaub? Und dann noch eine Firma finden, die uns zumindest annähernd unser Lehrer*innen-Gehalt bezahlt, obwohl wir ja eigentlich ohne einschlägige Qualifikationen kommen? 

Gar nicht so einfach. Dennoch habe ich, wie gesagt, immer wieder versucht, den Seitenwechsel meinen Lehrer*innen schmackhaft zu machen. Bis ich irgendwann mal innegehalten und nachgedacht habe: Warum mach ich das denn nicht selber? Gilt das oben genannte nur für Lehrer*innen, aber nicht für Schulleiter*innen?

Natürlich nicht! Auch als Schulleitung ist es wichtig, die Welt da draußen zu kennen, vielleicht noch wichtiger als in der Lehrer*innenrolle. Immerhin steuert die Schulleitung das Schiff mit Kurs auf die Zukunft, in der die Absolvent*innen bestehen müssen. Jetzt kann man bis zu einem gewissen Grad darauf vertrauen, dass die Behörde, die Obrigkeit, schon vorgibt, wo es hingehen soll, und dass die Lehrpläne etc. bestens auf das Leben danach vorbereiten.

Oder – besser – man verschafft sich selbst ein Bild von der Sache!

Jawoll, dachte ich, das wär was! Der Verein Seitenwechsel, konkret in Person meines ehemaligen Schulleiters Erwin Greiner, hat dieses Vorhaben nach Leibeskräften unterstützt. Bald wurden Kontakte geknüpft, Möglichkeiten ausgelotet. So weit, dass ich im Sommer 2024 ein einwöchiges Praktikum – meinen ersten Ferialjob seit Studienzeiten ;) – machen durfte, und zwar bei den Wiener Stadtwerken. Beeindruckend war das, eine Woche einen Einblick in einen Konzern zu bekommen, mit 17.000 Mitarbeiter*innen, mehreren namhaften Konzernunternehmen wie Wiener Linien oder Wien Energie, einer tollen Unternehmensphilosophie, und etlichen Betätigungsfeldern! Wow! Seitenwechsel, ich komme!

Doch schon bald zeigte sich eine sehr triviale Hürde: Als Schulleiter verdient man ja ein Lehrer*innengehalt plus eine Leitungszulage, ist also noch teurer als eine (ohnehin schon teure) Lehrer*in. Wer will so jemanden einstellen? Jemanden in den Konzern holen, der in Wahrheit nix kann (zumindest auf die berufsspezifischen Qualifikationen bezogen), aber mehr bezahlt bekommt als die anderen Mitarbeiter*innen?

Das geht gar nicht, weder aus Konzernsicht, noch aus meinem persönlichen Verständnis von Fairness.

Entsprechend einfach gestalteten sich die Gehaltsverhandlungen: Nach relativ wenig Hin und Her war ich einverstanden, trotz deutlicher Gehaltseinbußen den Job anzunehmen. „Geld kann gar nie so wichtig sein“ ließ Steinbäcker den Großvater sagen, und recht hat er! Es geht vielmehr um die neuen Ufer, die neuen Horizonte, die neuen Erkenntnisse! Verhungern werd ich schon nicht.

Ich erhoffe mir also einen Gewinn an Erfahrungen, der für mich persönlich nützlich sein kann – professionell wie privat. Darüber hinaus glaube ich aber auch, dass die Schule profitieren wird. Nach 11 Jahren Schulleitungen sind viele Dinge zur Routine geworden, vieles läuft wie am Schnürchen… mit allen positiven und negativen Konnotationen. Wahrscheinlich sind blinde Flecken entstanden, manche Abläufe werden jährlich wiederholt, ohne hinterfragt zu werden… wir tun Dinge, weil wir das schon immer so gemacht haben. Mit anderen Worten: Zu viel Routine kann zur Stagnation und Betriebsblindheit führen (auch wenn der Job nicht gerade langweilig ist).

Außerdem bringt eine neue Führung (selbst wenn die nur interimisch für ein Jahr arbeitet) neue Ideen in die Schule und greift vielleicht Dinge an, die bisher unberührt geblieben sind.

Das musste natürlich gut vorbereitet sein. Ich habe mich also schon lange vor der definitiven Entscheidung zum Seitenwechsel vergewissert, dass es Leute gibt, die in meiner Abwesenheit die Schule führen können und wollen (und das auch in meinem Sinn tun). Gleichzeitig habe ich das Einverständnis meines Vorgesetzen SQM in der Bildungsdirektion eingeholt, und erst nachdem beides fixiert war, war der Seitenwechsel in trockenen Tüchern.

Und dann, bei der Semesterkonferenz im Jänner 2025, habe ich den bevorstehenden Seitenwechsel meinen Lehrer*innen präsentiert. Diese waren – gelinde gesagt – überrascht, manche sogar schockiert. („Du verlässt uns…?“). Nach dem anfänglichen Schockmoment wurde mein Vorhaben aber mehrheitlich positiv gesehen, allerdings immer in Begleitung der Worte „Du kommst aber eh wieder?“ ;)

Dann war ein halbes Jahr Zeit, um meine Vertretung einzuführen, denn Schulleitung lernt man nicht von heute auf morgen (in der Praxis passiert das zwar leider oft so, aber besser ist natürlich eine ordentliche Vorbereitung und Übergabe). Wir haben also ein halbes Jahr oft gemeinsam an Prozessen gearbeitet, gemeinsam Gespräche geführt, um einen reibungslosen und guten Übergang zu schaffen.

Ja, und jetzt stehe ich buchstäblich vor den Toren meines neuen Arbeitgebers, den Wiener Stadtwerken. Vor je einem halben Jahr in der Konzernleitung und im zentralen Lehrlingsmanagement der Wiener Linien! Voll Neugier, voll Vorfreude voll Erwartungen!

Seitenwechsel, here I come!

Michel Fleck, Schulleiter und Seitenwechsler

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KI im Lehramtsstudium

Das mag jetzt vielleicht etwas bequem klingen, aber für mich fühlt es sich irgendwie befremdlich an zu sagen, dass ich noch ohne Künstliche Intelligenz (KI) maturiert habe. Ich will das keineswegs als eine besondere Leistung darstellen – immerhin war und ist es die Norm – aber ich kann nicht leugnen, dass ich heute für viele Aufgaben, die ich damals erledigt habe, KI nutze. Und das, obwohl ich erst vor drei Jahren maturiert habe. Ich bin also noch nicht lange aus der Schule raus und habe trotzdem keine Vorstellung davon, wie es sich aus Schüler*innen-Perspektive anfühlt, KI im Schulalltag zu verwenden. Ein deutliches Zeichen dafür, wie rasant sich diese Technologie entwickelt.

Was ich überhaupt zum Thema sagen kann

Den Artikel wollte ich mit der Intention schreiben, zu zeigen, wie oder auch ob KI im Lehramtsstudium seinen Platz findet und wie wir uns damit beschäftigen. Mir wurde nur sehr schnell bewusst, dass ich dazu so viel gar nicht zu sagen habe. Und nicht deswegen, weil ich mit KI nichts am Hut habe und es nie verwende – denn wenn wir ehrlich sind, wer kann das schon sagen? – sondern deswegen, weil ich mich absolut unwissend in diesem Bereich fühle und keine Halbwahrheiten oder Spekulationen verbreiten möchte. Mein Fazit: Ich kann euch erzählen, wie ich KI im Studium verwende, wie und ob es in Lehrveranstaltungen stattfindet und wie meine Gedanken diesbezüglich zu meinem späteren Berufsleben aussehen. Darüber zu urteilen, was das dann für die Allgemeinheit bedeutet und für unsere Zukunft, möchte ich aber nicht. Da es mit Sicherheit Studierende gibt, auch in meiner Studienrichtung, die sich mehr oder auch weniger intensiv mit dem Thema auseinandersetzen und in manchen Punkten bestimmt andere Ansichten haben als ich.

Wie KI mein Studium beeinflusst

Zum ersten Mal interessant wurde KI für mich im Studium für Zusammenfassungen. Gerade in Geisteswissenschaften, in denen man sich viel Wissen durch Lesen und Lektüren aneignen muss, ist man um jede Hilfe froh, die einem dieses wöchentliche Lesen von Hunderten Seiten abnimmt. Und dabei merkt man schnell, ChatGPT kann wissenschaftlichen Inhalt ziemlich gut formulieren. Wieso also nicht für Formulierungen in Seminararbeiten verwenden und so den sprachlichen Standard der eigenen Arbeit etwas verbessern? Und dabei seine eigenen Kompetenzen noch zu stärken. Denn ja, ich bin der Meinung, dass wir von KI auch noch etwas lernen können. Und bei Formulierungen von wissenschaftlichen Texten, bzw. beim Formulieren der eigenen Meinung in einer fachlich angemessenen Sprache, habe ich das selbst gemerkt. Aufsätze, die zuvor ChatGPT für mich umformuliert und verbessert hat, schreibe ich mittlerweile schon selbst auf höherem sprachlichen Niveau und weiß nun auch in Diskussionen an der Uni, wie ich mich besser ausdrücke und meine Meinung auf den Punkt bringe.

Zu den Diskussionen an der Uni: Künstliche Intelligenz ist an den Unis präsent. Nur meiner Erfahrung nach eher im theoretischen Sinne. Wir führen in allen Fächern Diskussionen darüber, wie es die Wissenschaft oder unseren späteren Beruf beeinflusst. Wie wir KI aber „richtig“ verwenden oder wie wir damit umgehen, wenn Schüler*innen es tun, ist selten Thema. Wobei ich hier anmerken möchte, dass es natürlich auch Professor*innen gibt, die sich eingehender damit beschäftigen. Was wir alle tun sollten. Wir müssen alle lernen und das auch noch schnell. Dass es dabei schwerfällt, Schritt zu halten, oder manchmal gar unmöglich erscheint, ist vollkommen verständlich.

KI & Seminararbeiten – viele offene Fragen

Zum Thema Seminararbeiten: Mir darüber eine Meinung zu bilden, fällt mir ziemlich schwer. Ich bin der Ansicht, dass Seminararbeiten an der Uni die Aufgaben sind, bei denen man mit am meisten lernt. Weil man sich eingehend mit einem Diskurs beschäftigt und lernt, wissenschaftlich zu arbeiten. Nun ist aber jedem klar, dass gerade dort die Künstliche Intelligenz ziemlich viele Aufgaben erledigen kann. Und wenn man es schlau macht, das Ganze auch unbemerkt. Und genauso erlebe ich das zeitweise auch an der Uni. Sowohl Studierende als auch Professor*innen wissen, dass bei schriftlichen Arbeiten die KI ganz sicher verwendet wird. Und auch wenn es einzelne Vorgaben gibt und die Arbeit natürlich Eigenleistung sein soll, passiert sehr wenig bis gar nichts, wenn KI maßgeblich zur Erstellung beiträgt. Folglich werden auch hier – wie schon bei der VWA – Änderungen und Reformen nötig werden. Welche das sind, und ob diese gut oder schlecht sind, kann ich hier nicht beurteilen oder darüber spekulieren. Da ich zwar der Meinung bin, dass Seminararbeiten sehr wichtig an Unis sind, die KI in dem Bereich aber nicht mehr wegzudenken sein wird und somit die Effizienz des Ganzen auch in Frage gestellt wird.

Mein Fazit

Ich und viele andere verwenden KI im Studium und werden es auch in Zukunft tun. Mit mehr Wissen über die Thematik könnten wir (oder besser gesagt ich) vielleicht sogar noch effizienter einsetzen – auch später im Beruf. Ob auf die richtige Weise, kann man diskutieren. Klar ist, dass KI uns einiges erleichtert, uns sprachlich weiterbringen und neue Möglichkeiten eröffnen kann. Doch gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, herauszufinden, wie wir damit umgehen – sowohl für uns selbst als auch für unsere Schüler*innen.

Was mir aus all diesen Überlegungen bleibt, ist vor allem die Erkenntnis, wie schnell sich diese Technologie entwickelt und wie wenig wir manchmal hinterherkommen. Das ist weder gut noch schlecht – es ist einfach eine Realität, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Und vielleicht ist genau das der Punkt: KI verändert unser Studium, unsere Arbeitsweise und unsere Perspektiven. Wie genau das in Zukunft aussehen wird, bleibt offen. Aber dass wir lernen müssen, mit ihr zu arbeiten, anstatt gegen sie, ist wohl unumgänglich.

Die Autorin ist Lehramtsstudentin an der Uni Wien.

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Die letzte Novemberwoche, vierte Klasse Mittelschule, 18 Jugendliche – davon 14 bereits im neunten Schuljahr, mitten in der Findungsphase: „Was mache ich nach diesem Schuljahr?“ Diese Frage hing wie ein unsichtbares Plakat über unseren Köpfen. Die Antworten? Durchwachsen. Acht wollten eine weiterführende Schule besuchen, drei eine Lehre beginnen, und sieben hatten ungefähr so viel Plan wie ein Blatt im Wind.

Wer in die Zukunft schaut, stellt oft fest, dass der Horizont manchmal eher wie eine dicke Nebelwand aussieht. Für viele meiner Schüler*innen gilt das ganz besonders. Das österreichische Bildungssystem ist ihnen oft so fremd wie die Oberfläche des Mars. Warum? Ihre Eltern, oft aus anderen Ländern zugezogen, kennen die Strukturen hier nicht, und in ihrem Umfeld gibt es nur wenige Vorbilder, die ihnen Perspektiven aufzeigen könnten. Kein Wunder also, dass sich die Jugendlichen kaum für eine Laufbahnplanung begeistern können.

Umso wichtiger waren in meinen Augen die Berufspraktischen Tage (BPT). Ein paar Tage, in denen die Jugendlichen Einblick in die Arbeitswelt bekommen konnten – und nicht nur das: Sie sollten eine Grundlage für Entscheidungen schaffen, die ihr Leben prägen werden.

Selbst ist der Schüler

Die Verantwortung für die Organisation ihrer Praktikumsplätze übertrugen wir den Schüler*innen und ihren Eltern. Ein Wagnis? Vielleicht. Aber was dann geschah, überraschte uns positiv. Mit beachtlichem Engagement machten sich die Jugendlichen auf die Suche – oft ohne Netzwerke, auf die sie zurückgreifen konnten. Während manche Kinder von „Onkel Karl“ in den Betrieb eingeladen werden, hieß es bei meinen Schülern: „Anpacken und selbst erledigen.“

Ein Beispiel: Zwei Schüler zogen an vier Freitagen nachmittags nach der Schule los. Sie klapperten einen Supermarkt nach dem anderen ab, fragten direkt vor Ort nach einem Praktikum. Ihre Hartnäckigkeit wurde schließlich belohnt – ein Penny-Markt öffnete die Türen.

Und dann kam der erste Praktikumstag. 7:30 Uhr klingelte mein Handy. Die beiden Schüler: „Wir sind wieder nach Hause geschickt worden. Letzte Woche gab es hier einen Praktikanten, der eine Schlägerei angefangen hat. Der Filialleiter hat gesagt, er nimmt keine Praktikanten mehr.“

Nach einem Telefonat mit dem Filialleiter konnte ich die Sache klären. „Geben Sie den beiden eine Chance. Ich kenne sie – die machen sicher keine Schwierigkeiten.“ Am Nachmittag beim Besuch vor Ort traf ich denselben Filialleiter, der morgens noch skeptisch war. Begeistert berichtete er: „Die sind wirklich super. So engagiert, so höflich!“

Ein Blick in die Vielfalt

Die Praktikumsplätze spiegelten eine beeindruckende Bandbreite wider: Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Pflegeheime, IT-Firmen, ein großer Telekom-Provider, eine KFZ-Werkstatt, ein Krankenhaus, Anwaltskanzleien – sogar die UNO-City in Wien war dabei.

Die Rückmeldungen der Schüler*innen und der Betriebe waren überwiegend positiv. Natürlich gab es auch Stimmen wie: „Das war schon sehr anstrengend. Für mich ist das nichts.“ Aber dann gab es auch diese Aha-Momente:

  • Eine Schülerin, die bei einer Gerichtsverhandlung dabei sein durfte, erklärte: „Ich werde Anwältin. Das ist sicher!“
  • Ein Schüler, der ursprünglich IT ins Auge gefasst hatte, kam zurück und sagte: „Ich weiß jetzt, dass ich Elektrotechnik machen will.“
  • Ein Anruf zwei Wochen nach den BPT: „Ihr Schüler war bei mir schnuppern. Er interessiert sich so für Gaming und hat echt Talent. Sagen Sie ihm, er soll sich bei mir melden – ich habe da eine Idee, welche Schule er machen könnte.“

Leuchtende Ziele

Die schönste Erinnerung an diese Woche verdanke ich einem Schüler, der während seiner Praktikumszeit an einem Projekt der UNO-City beteiligt war. Der australische Künstler Fintan Magee hatte ein riesiges Wandbild geschaffen, das die Bedeutung der UN-Nachhaltigkeitsziele thematisiert. Bis Ende November war dieses Kunstwerk nachts unbeleuchtet – bis unser Schüler tatkräftig mitarbeitete, um das zu ändern.

Sein Beitrag ging weit über die technische Umsetzung hinaus. Er wurde selbst zu einem Botschafter für die Nachhaltigkeitsziele. Dieses Bild, das nun nachts in strahlendem Licht erstrahlt, ist für mich das stärkste Symbol dafür, wie wichtig es ist, mit jedem einzelnen Kind an seiner Zukunftsperspektive zu arbeiten.

Fazit: Ein klarerer Blick in die Zukunft

Zwei Monate nach den Berufspraktischen Tagen ist vieles klarer: Alle, die eine weiterführende Schule besuchen wollen, wissen nun genau, welche Schule es sein soll – und vielen von ihnen haben sich (vor-)angemeldet. Konkrete Bewerbungen auf Lehrstellen laufen. Nur drei Schüler*innen sind noch unentschlossen, aber auch sie haben deutlich mehr Orientierung als zuvor.

Berufspraktische Tage leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Entscheidungsfindung. Sie können Türen öffnen, Perspektiven schaffen und den Horizont klären. Es liegt an uns, den Jugendlichen diese Chance zu geben. Wer weiß – vielleicht steckt hinter einem Praktikum im Penny-Markt der nächste große Schritt in eine leuchtende Zukunft.

Autor: Markus Neuherz ist Quereinsteiger/Teach for Austria Fellow im ersten Unterrichtsjahr in einer Mittelschule in Wien.

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Stellensuche

Die berufspraktischen Tage in der 4. Klasse stellen für viele Schüler*innen eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dar, wohin es nach dem Mittelschulabschluss geht. Die Planung dafür beginnt bereits am Ende der 3. Klasse. Die Schüler*innen müssen sich eine Stelle suchen, wo sie vier Tage im darauffolgenden Schuljahr unentgeltlich arbeiten. Während dieser Zeit sind sie vom Unterricht freigestellt. 

Die Stellensuche verläuft dabei ganz unterschiedlich: Manche Schüler*innen wissen genau, welchen Beruf sie während der Tage ausprobieren wollen, andere eher weniger. Hilfreich ist bei der Suche wie so oft ein gutes Netzwerk – oftmals helfen die Eltern, der Onkel oder die Tante bei der Vermittlung. Schüler*innen, die erst seit kurzem in Wien sind, tun sich erfahrungsgemäß deutlich schwerer, einen Betrieb zu finden. Natürlich gibt es auch motivierte Schüler*innen, die selbst die Initiative ergreifen und beim Wunschbetrieb anrufen oder vorbei gehen und nachfragen. Ist ein Betrieb gefunden, wird ein Vertrag unterzeichnet.

Die Bandbreite der approbierten Berufe ist erfahrungsgemäß vielfältig: Vom Bankkaufmann zum Konditor, Zahnarzthelfer, Tischler zur Drogistin bis hin zur Kindergartenassistentin, Friseurin oder zum KFZ-Mechaniker, um einige der Berufe zu nennen. 

Vorbereitung

Vorab werden mit den Schüler*innen grundsätzliche Dinge besprochen. Dazu zählen beispielsweise das Auftreten, die Pausengestaltung, die Kleidungswahl – also welche Kleidung in einer Bank respektive einer KFZ-Werkstatt oder in einem Kindergarten erforderlich ist -, die Pünktlichkeit oder was im Falle einer Krankheit zu tun ist. Befindet sich die Stelle räumlich weiter weg bzw. nicht in der Nähe der Schule, ist die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes in der Vorbereitungsphase ein wesentlicher Punkt. Dabei lernen die Schüler*innen sich selbstständig in Wien zurecht zu finden und neue Wege zu erkunden, was für den weiteren Aus-/Bildungsverlauf von enormer Bedeutung ist. Auch die Arbeitszeiten, welche natürlich von den Unterrichtszeiten abweichen, werden besprochen.

Vorgesehen ist, dass den Schüler*innen vor Ort eine Betreuerin bzw. ein Betreuer zugeteilt ist. Diese Person ist die erste Ansprechpartnerin bzw. der erste Ansprechpartner bei Unklarheiten, Herausforderungen und Problemen. Im Vertrag muss diese Person extra ausgewiesen werden – leider wird dies in manchen Fällen ausgelassen und es ist nicht eindeutig klar, wer vor Ort zuständig ist.

Erfahrungen der Schüler*innen

Während der vier berufspraktischen Tage werden die Schüler*innen unserer Schule täglich ein Mal von einer Lehrperson besucht. Dabei wird nach dem Wohlergehen der Schüler*innen gefragt und Feedback von den Betreuer*innen eingeholt. 

Am aufregendsten ist für die meisten Schüler*innen der erste Arbeitstag. Oft wird berichtet, dass viele Schüler*innen überpünktlich am Arbeitsplatz erscheinen, aus Angst davor, den Weg nicht zu finden und in Folge zu spät zu kommen. 

Was die Schüler*innen während der vier Tage machen dürfen, hängt ganz vom gewählten Beruf und den dafür notwendigen Vorkenntnissen, dem eigenen Engagement sowie dem Einsatz der Betreuerin / des Betreuers ab. Dies kann das Schleifen einer Türe in der Tischlerei sein, das Spielen mit Kindern im Kindergarten, Zuschauen beim Anlegen einer Zahnspange beim Zahnarzt, das Wechseln von Autoreifen in einer KFZ-Werkstätte oder das Abheben und Einzahlen von Geld in einer Bank sein. Jährlich entscheiden sich viele Schüler*innen in einem Supermarkt zu arbeiten. Sie verbringen die meiste Zeit mit Regale einschlichten und sortieren, Waren im Regal nach vorne räumen sowie Kartons pressen. 

In den meisten Fällen zeigt sich sehr schnell, ob den Schüler*innen der approbierte Beruf gefällt. Manche wollen gar nicht mehr zurück in die Schule und empfinden die Tage als die besten in ihrer Schulzeit. Endlich können sie machen, was sie wirklich interessiert. Andere hingegen können es kaum erwarten, dass die Zeit vorbei geht und sie wieder zurück in die Schule können. Beispielsweise wird das viele Stehen im Einzelhandel oder der frühe Dienstbeginn in Werkstätten als furchtbar anstrengend empfunden.

Am Ende der vier Tage wird vom Betrieb ein Feedbackbogen ausgefüllt, den die Schüler*innen bei Bewerbungen beilegen können. Erweisen sich die Schüler*innen als besonders fleißig und engagiert, kommt es ab und an auch vor, dass sie ein Taschengeld als Dank für ihre wertvolle Arbeit erhalten.

Fazit

Im Idealfall enden die berufspraktischen Tage damit, dass die Schüler*innen wissen, was sie nach der 4. Klasse machen wollen oder zumindest nicht machen wollen. Immer wieder gibt es auch Schüler*innen, denen eine Lehrstelle in dem Betrieb angeboten wird, wo sie die berufspraktischen Tage verbracht haben. Allerdings kommt es in manchen Fällen auch dazu, dass die vier Tage vorzeitig beendet werden, weil etwa die Arbeitseinstellung von Seiten der Schüler*innen nicht passt. 

Aus Lehrerinnen Sicht ist es spannend, die Schüler*innen einmal in einem anderen Setting zu erleben. Es ist wunderschön zu sehen, wie manche in dem gewählten Beruf aufblühen und am liebsten dort bleiben würden. Andere brauchen hingegen aufmunternde Worte, um die Tage durchzustehen. Sie blicken anschließend stolz darauf zurück, die berufspraktischen Tage zu Ende gebracht zu haben. 

Bei manchen Schüler*innen ändert sich nach dieser Erfahrung die Einstellung zur Schule: Arbeiten ist anstrengender als gedacht! Sie versuchen in der verbleibenden Schulzeit ihre Noten zu verbessern, um an weiteführenden Schulen genommen zu werden. In die Schule zu gehen, ist offenbar doch ganz schön.  

Die Autorin in Lehrerin an einer Wiener Mittelschule.

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oder – Wie viel Kommunikation braucht es?

Nachricht, Anfang der Schuljahres, 14:36 Uhr 

(Diese Nachricht wurde von ChatGPT umgeschrieben, um die Anonymität des Verfassers zu gewährleisten.)

 Wer sind Sie, dass Sie mir vorschreiben wollen, was ich tun soll? Die Entscheidung, mein Kind von der Schule an- oder abzumelden, geht Sie nichts an. Als Lehrerin sollten Sie in der Lage sein, mit Kindern und deren Konflikten umzugehen, anstatt wegzuschauen. Sie werden für Ihre Arbeit bezahlt, und wenn Sie Ihre Aufgaben nicht richtig erfüllen können, haben Sie den falschen Beruf gewählt. Ich werde persönlich vorbeikommen und mich beschweren.

Im September 2023 habe ich von einem sehr migrationsreichen Bezirk von Wien in einen weniger diversen Bezirk gewechselt. Hätte ich vorher gewusst, was das für die Elternkommunikation bedeutet, hätte ich mir diesen Schritt besser überlegt. An meiner alten Schule wurde ich von den Eltern wertgeschätzt, immer freundlich und respektvoll behandelt und hatte – mit Hilfe von Videodolmetscher:innen und mehrsprachigen Elternabenden – einen wunderbaren Weg gefunden, mit ihnen auf allen möglichen Sprachen zu kommunizieren. 

Wir hatten keine Probleme. Alle Kinder sind auf Klassenfahrten mitgefahren, ich hatte besonders zu den Eltern herausfordernder Kinder einen guten Draht gefunden und an Weihnachten und vor den Sommerferien bekam ich immer Blumen. 

Dies hat sich geändert. An der neuen Schule sind ebenfalls Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern – wir sind schließlich noch immer an einer Wiener Mittelschule – aber viele dieser Eltern scheinen ein allgemein gültiges Misstrauen,  ja geradezu eine Verachtung gegenüber Lehrkräften zu hegen. Egal aus welchem Herkunftsland. Einige Kinder kommen in die Schule und erklären mir, sie bräuchten eh keine Bildung, ihre Eltern hätten auch nie was gelernt und würden trotzdem „voll viel Geld“ verdienen. Andere kommen nur selten in die Schule, unterstützt von den Eltern, die jedes Wehwehchen bereitwillig entschuldigen. 

Per Mail oder SMS erhalte ich Drohungen, Verwünschungen und Vorwürfe. 

(Formulierungen wieder von ChatGPT)

Ich wünsche, dass Ihre Tochter täglich weinend von der Schule nach Hause kommt, damit Sie sehen, wie das ist. Sie haben einen Eid abgelegt, alle Kinder gleich zu behandeln, aber ein behindertes Kind gehört nicht in eine normale Klasse.

Es ist unglaublich, was an dieser Schule alles passiert.

Alle Beschwerden wurden sowohl von der Schulpsychologie als auch seitens der SQM als absolut haltlos befunden. Dies wurde den Eltern auch von offizieller Seite kommuniziert. Im Laufe des Schuljahres haben sich die meisten Wogen geglättet, die oben erwähnten Eltern haben ihren Ton geändert und ihren Kommunikationsstil gezähmt. 

Ich bin aber definitiv gewarnt. 

Ja, ich bin eine Lehrkraft, die ihre Telefonnummer bereitwillig am Schuljahresanfang hergibt, in der Annahme, dass Eltern dies nicht ausnutzen. In vier von fünf Fällen ist dem auch so. Dennoch verbringe ich mindestens drei bis vier Zeitstunden wöchentlich mit Elternkommunikation. Ich glaube an die Zusammenarbeit, ich möchte erreichbar sein und Entscheidungen transparent kommunizieren. Ich teile Bewertungsskalen und Erwartungskriterien. Ich schreibe alle sechs Wochen Elternbriefe und informiere die Eltern über die Geschehnisse in der Klasse, die behandelten Themen, die anstehenden Events. Ich sende Fotos von Ausflügen und schönen gemeinsamen Momenten im Schulalltag.

Dennoch beschäftigen mich die Vorwürfe. Und der Gedanke: Was ist der richtige Weg? Was die richtige Menge an Erreichbarkeit? 

Ich wasche Durchfall aus Sporthosen, wenn der Weg zum Klo zu weit war. Ich erkläre wie man Binden in Unterhosen klebt. Ich habe in diesem Schuljahr 20 Kindern beigebracht, zweisprachig die Uhr zu lesen, obwohl alle Kinder aus österreichischen Volksschulen kamen. Ich erkläre, wie man Brüche im Alltag verwenden kann, wie man einen Podcast schneidet und mache Lesestunden bei Kerzenschein. 

Wieso sind Lehrkräfte bei all diesen Tätigkeiten immer noch das Feindbild einiger Eltern? Und was können wir tun, wenn zuhause kommuniziert wird: „Auf die brauchst du nicht zu hören, die hält sich eh für was besseres, weil sie studiert hat!“

Ich kenne Kolleg:innen, die ausschließlich mit Webunits oder Schoolfox mit den Eltern kommunizieren. Die niemals ihre Nummer hergeben würden und für die sich Elternarbeit auf KEL Gespräche reduziert – oder die eine oder andere Beschwerde über Unpünktlichkeit oder unlauteres Verhalten. Doch haben wir nicht die Pflicht, eng mit Eltern zusammenzuarbeiten?

Natürlich verstehe ich die Angst der Eltern um das eigene Kind. Ich habe selbst einige und bin oft nicht glücklich mit Entscheidungen und/oder Haltungen ihrer Lehrkräfte. Aber können wir den Kindern nicht beibringen, dass es Teil vom Leben ist, auch mit herausfordernden Menschen wertschätzend und achtsam umzugehen? Dass dies im Leben immer wieder passieren wird, dass wir Leute treffen, womöglich mit ihnen zusammenarbeiten müssen, die nicht unserem Idealtypus entsprechen? Und gibt es da nicht genau einen Weg? Entweder arbeiten wir gut zusammen oder sehr gut – alles andere ist unprofessionell!

Die Autorin ist Lehrerin an einer Wiener Mittelschule.