Lesezeit: 3 Minuten

Stellen wir uns das Schulsystem mal als einen riesigen Ozeandampfer vor. Kein Kreuzfahrtschiff, nein, keine Disko, kein Pool, keine Klaviermusik. Eher so ein Teil, das kürzlich im Suezkanal steckte. Riesig, zu wenig Personal, teilweise unmanövrierfähig. 

Stellen wir uns vor, das Ding bricht gerade auseinander. Die wenigen Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen und Psychagog:innen, die noch nicht im Corona-Hafen festsitzen, paddeln mit kleinen hölzernen Booten und den viel zu wenigen Rettungswesten herum.

Der Steuermann hält sich krampfhaft am Lenkrad fest, hat jedoch jedweden Funkkontakt zur Besatzung verloren. Noch hat er nicht gemerkt, dass die Kommunikation schon längst abgebrochen ist. 

Die Kapitänin liegt aufgrund eines unglücklichen Zwischenfalls auf der Krankenstation im dritten Unterdeck und hält sich mit Rum über Wasser. 

Da wäre noch der Stellvertreter der Kapitänin. Dieser brüllt mit Hilfe eines Megaphons Befehle in den Wind, die selbiger gnadenlos verschluckt. Kurze Windstille. Endlich kann die Mannschaft seine Befehle verstehen. Doch wenn die Wellen fast über den Köpfen der Kolleg:innen zusammenschlagen, ist das Tragen von Hausschuhen eher Nebensache. 

Einige Kolleg:innen haben sich mit flotten Kayaks ausgestattet und behindern die Rettungsmanöver. Als wäre das nicht schon genug, erzeugen sie weitere Hindernisse und Zusammenstöße. Auf diese Weise kann keine Ruhe einkehren. Besonders weil man schon von hinten das bedrohliche Rauschen der sechsten Coronawelle hören kann. Dabei muss doch noch die jetzige Welle bewältigt werden, zumindest irgendwie. Das Treibholz und die Container mit schlechten Nachrichten aus der Ukraine, unbewältigten Traumata und bösen Vorahnungen trudeln als ständige Bedrohung um das Schiff.

Von vorne weht der Wind der Teuerungen und Inflation, der unsere Schüler:innen zu neuen Ufern schickt, neue Unterkünfte müssen gesucht werden, unbezahlbare Rechnungen wehen hoffnungslos an gebrochenen Masten. Sechs Euro für einen Kinobesuch an Land werden für viele Eltern zur Herausforderung. Dann bleibt das Kind lieber am sinkenden Schiff oder darf nicht mitkommen.

Der strahlende Ramadan bedarf Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im positiven Sinn. Wird aber von vielen Kolleg:innen in den Kayaks als zusätzlicher Ballast wahrgenommen und konterkariert. Die von engagierten Kolleg:innen in zahlreichen Unterrichtsstunden ausgehändigten Rettungswesten, die kaum ein:e Schüler:in ablehnt, werden auf diese Art zu löchrigen nahezu unbrauchbaren Hilfsmitteln. So kann sich niemand über Wasser halten. Den Kanuten ist das egal. Alle könne man nicht vor dem Untergang retten. Dann müssten eben die nicht-angepassten Schüler:innen das Boot verlassen. Wenn sie Glück haben, werden sie in der Nähe des Ufers ausgesetzt. Ansonsten müssen sie  eben schauen, wie sie mit den löchrigen Rettungswesten in den nächsten Hafen schwimmen können.

Das Boot steckt fest, endgültig. Das Treibholz, die Container und die Kayaks haben es zum Stillstand gebracht. Nur ein kleiner Teil der Mannschaft will die Weiterfahrt um jeden Preis. Es könnte ja sein, dass im nächsten Hafen alles besser wird. Es sind jene, die verstanden haben, dass Jammern wenig Sinn macht. Sie kleben die Rettungswesten, reden den Systemsprenger:innen gut zu und versuchen die Kanuten irgendwie wieder an Bord zu holen. Wo ist die versprochenen Verstärkung, die am Hauptschiff mitanpackt? Dann hätten die, die schon seit Wochen durcharbeiten wieder ein bisschen Luft und eine kleine Pause. Alle werden nie in einem Boot sitzen. Wenn nur der Steuermann das Loch in der Funkverbindung findet und zuhören kann, welche Sorgen und Ängste seine Mannschaft haben. Wenn nur die Kolleg:innen den Coronahafen verlassen könnten.

An den Ufern sitzen staunenden Zuschauer und kommentieren fleißig das Geschehen im Standard-Forum. Alle wissen alles besser und die faulen Lehrer:innen, die da draußen um nackte Überleben paddeln, werden beschimpft, geschasst und milde belächelt, denn die wenigen Stunden die die da rumpaddeln, das hätten wir ja mit links geschafft. Hört’s auf zum Jammern. Ihr habt’s ja eh bald Ferien. 

Ferien ? Ja. Wo? Wo ist die Insel, die winzig kleine Osterinsel, die schon irgendwo aus den Weiten des Ozeans aufragt? Ein Moment der Entspannung – wenn keine Schularbeiten zu korrigieren sind – ein Moment zum Durchschnaufen, wenn es nicht bei einem Schüler wieder brennt, weil die Freundin schwanger ist oder bei einer Schülerin, weil die Mama mit ihren Depressionen nicht mehr aufstehen kann und sie sich um die kleinen Geschwister kümmern muss und sich deswegen nicht mehr um sich selber kümmern kann – oder ein Moment des Loslassen, wenn nicht neue Schüler:innen aus der Ukraine kommen, die dringend Mika-D getestet werden müssen und die Kapazitäten der Deutschförderklasse ausgeweitet werden müssen. 

Naja, wir werden sehen. Sollen wir je dort ankommen. 

P.S. Eigentlich hätte an dieser Stelle ein schöner Text stehen sollen, ein Text darüber, wie schön, wie rewarding, wie vielseitig der Lehrberuf ist. Ein Text, der es vermag, die wirklich guten und engagierten Menschen für diesen Beruf zu begeistern. 

Aber wir haben es nicht geschafft. Es hätte in dieser Zeit einfach nur höhnisch gewirkt…

Die Autorinnen sind Lehrerinnen an einer Wiener Mittelschule

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Mit Schüler:innen über den Krieg reden

Es ist Krieg, 600km von Wien entfernt. Wir haben Redaktionssitzung. Ratlosigkeit ist uns ins Gesicht geschrieben.

Zwei Jahre lang haben wir mit unseren Schüler:innen versucht die Pandemie zu thematisieren. Wir haben Kinder und Jugendliche erlebt, die nichts lieber wollten, als endlich wieder in der Schule sein zu können. Keine Coronatests, keine Masken, kein Distancelearning und keine Quarantäne. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, aber wir haben uns damit arrangiert. Nichts wird so sein wie früher. Die Pandemie hat uns alle verändert. Unsere Sehnsucht nach Ruhe ist groß.

Und jetzt herrscht dieser verdammte, so unnötige Krieg. Wie spricht man mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg? Wie geht man dieses Thema an, im Bewusstsein, dass es in vielen Klassen Schüler:innen gibt, die im Unterschied zu uns wissen, wie Krieg sich anfühlt? Drei Lehrer:innen haben uns ihre Erfahrungen und ihre Zugänge zu diesem heiklem Thema aufgeschrieben.

  • Wie beeinflusst das Thema Ukraine derzeit deinen Unterricht?

Lorena*

Meine Schüler*innen hängen fast ständig in den sozialen Medien, vor allem auf TikTok ab, und werden somit täglich mit Bildern aus dem Kriegsgebiet konfrontiert. Das löst Sorgen und Ängste aus, die wir in den Unterrichtsstunden thematisieren. Auch Begriffe wie „Atomkrieg“ oder „Dritter Weltkrieg“ kommen häufig auf.

Lotta*

Ich stelle mir folgende Frage ganz oft: Ist der Stoff, den ich gerade unterrichten sollte, wirklich wichtiger, als das Ukraine-Thema zu besprechen? Ich komme mir etwas albern vor, eine Stunde über Musicals zu machen, wenn wir eigentlich viel wichtigere Fragen diskutieren könnten. Dazu kommt, dass es auch mir schwerfällt mich auf das Unterrichten zu konzentrieren. Die aktuellen Nachrichten lese und höre ich schon beim Frühstück. Es lässt mich nicht kalt, Emotionen kochen hoch. Dann stehe ich in der Klasse und muss meine Schüler:innen durch den Tag führen, schließlich bin ich Lehrerin und damit so etwas wie eine Autoritätsperson. In den nächsten Tagen soll ein aus der Ukraine geflüchtetes Mädchen zu uns in die zweite Klasse kommen. Die Schüler:innen habe ich darauf vorbereitet. Jetzt hoffe ich auf die Empathie meiner Schüler:innen, und auch auf ihr Fingerspitzengefühl. Ich bin mir sicher, dass das Mädchen nicht die Einzige sein wird, die zu uns an die Schule kommen wird. Es werden mehr werden. Da bin ich mir sicher. 

Tuba*

Der Ukraine-Krieg ist allgegenwärtig. An dem Tag, als wir erfahren haben, dass Krieg in Europa herrscht, waren die Schüler:innen wie gelähmt. In jedem Unterrichtsfach, sogar in den Pausen, sind die Schüler:innen zu uns gekommen und haben gefragt, was das für sie bedeuten würde. Viele Eltern meiner Schüler:innen und einige Kinder haben Kriege miterlebt. Durch die Bilder, die auf Social Media gleich zu Beginn kursiert sind, waren sie sehr verunsichert. Eine Schülerin hat mich gefragt, ob sie jetzt wieder flüchten müsse. Ein TikTok-Video, in dem behauptet wird, Putin würde den 10.Bezirk angreifen, geht viral. 

Die Stimmung bei den Schüler:innen und bei den Lehrer:innen war in den ersten Tagen sehr bedrückt und wir haben viel darüber gesprochen. Da uns immer wieder aufgefallen ist, dass einige Schüler:innen den Krieg verherrlichen bzw. behaupten, dass dies gar kein Krieg wäre, haben wir bemerkt, dass wir unbedingt zum Thema Fake News Unterrichtseinheiten gestalten müssen. Das Projektthema stand schon seit September fest, jedoch haben wir den Projekttag auf eine Projektwoche ausgedehnt, um uns ausgiebig mit dem Thema Fake News zu beschäftigen und den Schüler:innen Werkzeuge mitgeben zu können, die sie beim „Entlarven“  dieser unterstützen.

  • Wie behandelst du den Krieg mit deinen Schüler:innen?

Lorena

Ich versuche einerseits ihre Ängste und Sorgen wahrzunehmen, allerdings auch möglichst sachlich zu argumentieren, um sie nicht unnötig zu beunruhigen.

Leider gibt es eine Klasse, bei der diese Diskussion besonders schwierig ist. Es gibt zwei Schüler, die Putin und seine Taten verherrlichen. Da fällt es mir besonders schwer, sachlich zu bleiben. In diesem Fall biete ich den Schüler*innen Quellen an, wo sie sich – meiner Meinung nach – möglichst objektiv informieren können.

Lotta

Man geht eine Gratwanderung. Ich möchte den Kinder die Ernsthaftigkeit der Lage näherbringen. Auch damit sie verstehen, warum die Frage zu wem man hält, völlig unpassend ist. Ich rede mit ihnen sehr ehrlich über fast alles, möchte ihnen aber keine Angst machen. Pressevideos von Explosionen und anderen Horrorszenarien zeige ich den Schüler:innen bewusst nicht. Mit Hilfe von Landkarten versuche ich die Situation zu verbildlichen. Wo ist die Ukraine? Wie groß ist sie? Wenn Schüler:innen mir Fragen stellen, dann antworte ich ehrlich und so informiert wie möglich. Aber auch ich habe Fragen an die Kinder. In den ersten paar Tagen des Krieges hat dieser Austausch die gesamte Unterrichtsstunde in Anspruch genommen. Mir war es großes Anliegen, dass die Schüler:innen auch über die geschichtlichen und geografischen Hintergründe viel Information bekommen. Und wir haben über Österreichs Position gesprochen. Was die Neutralität in diesem Zusammenhang bedeutet und wie es mit den militärischen Kapazitäten aussieht.

Tuba

In der Projektwoche ging es um grafische Manipulationen, das Analysieren von Quellen und Kontext und um statistische Kennwerte und journalistisches Arbeiten. Wir haben einige Videos, die wir vorbereitet hatten, analysiert. Die Schüler:innen konnten in dieser Woche auch Videos, die sie in ihren Social Media-Kanälen gesehen haben, mit der Klasse teilen und wir haben sie gemeinsam aufgearbeitet. Gleichzeitig haben wir versucht, glaubwürdige Berichte zu lesen und haben mit den Schüler:innen darüber diskutiert.

Das Thema ist für alle sehr belastend. Als Lehrer versuche ich, das Thema zu behandeln, aber nicht den kompletten Unterricht und jede Pause damit zu verbringen.

Bei einigen Schüler:innen hatte ich das Gefühl, dass diese re-traumatisiert wurden. Panikattacken häufen sich wieder. Wir bemühen uns dennoch um ein großes Maß an Offenheit, wollen aber trotzdem auch Raum und Zeit für andere Themen schaffen, die den Schüler:innen ein Anliegen sind.

Sebastian hat uns außerdem eine Begebenheit aus seiner Klasse geschildert. Eine, die uns allen verdeutlicht, wie komplex die gesamte Situation ist: 

Eine ukrainische Schülerin ist zu uns in die Schule gekommen. An dem Tag, als sie ankam, war meine Klasse ganz aufgeregt. In der großen Pause sind sie zu ihr gestürmt und haben sie ausgefragt: „Wie alt bist du? Wo hast du gewohnt? Wie geht es dir? Wie geht es deiner Familie? Erzähl uns, wie ist es bei dir zuhause?“ Ich habe das Verhalten mitbekommen und meine Schüler:innen sofort gebeten in die Klasse zu kommen. Dort angekommen, habe ich lang und breit erklärt, warum man das nicht tun sollte. Dass ich es großartig fände, dass sie so viel Interesse zeigen, aber dass dieses Verhalten auch bei dem Mädchen etwas auslösen könnte und vielleicht möchte sie das gar nicht. Als ich dann gefragt habe, ob sie das nachvollziehen können und wie sie sich fühlen, antwortete einer meiner Schüler, der selbst geflüchtet ist: „Ich habe das gemacht, weil ich mir damals gewünscht hätte, dass andere Kinder zu mir kommen und mich ausfragen. Ich wollte ihr zeigen, dass wir da sind und dass wir uns interessieren für sie. Bei mir hat das damals niemand gemacht und das fand ich blöd.“

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Sammelbeitrag mit Aussagen von Wiener MS Lehrer:innen

Lesezeit: 5 Minuten

 

Inge Eidsvåg  begann einen mitreißenden Vortrag während eines Seminars in Norwegen mit einer Frage und der simplen Antwort: 

„Was ist ein:e gute:r Lehrer:in? Das ist kurz gesagt sehr einfach: Ein:e gute:r Lehrer:in liebt Kinder und sein:ihr Fach.“

Ich würde sagen:

„Ein:e gute:r Mittelschullehrer:in liebt Kinder und sein:ihr Fach.

„Ein:e gute:r AHS Lehrer:in liebt ihr:sein Fach und Kinder.“

Ich selbst wollte schon als kleines Kind Lehrerin werden und habe nach der Matura für das Lehramt an der Uni studiert. Die Fächer, die ich unterrichten wollte bzw. auch jahrelang unterrichtet habe, waren für mich zweitrangig. Ich wollte junge Menschen „unterrichten“, sie am Weg ins Erwachsenwerden begleiten. Die Fächer waren für mich eher „Mittel zum Zweck“.

Während ich viele Jahre später für den Stadtschulrat (heute Bildungsdirektion Wien) und das Bildungsministerium unterschiedlichste Projekte betreute und leitete, hatte ich die Möglichkeit, unzählige Schulen, und ab und an auch den Unterrichtsstunden, von der Volksschule bis zu BHS zu besuchen. 

Damals wurde mir klar: Ich hätte Mittelschullehrerin werden sollen, denn dort wird anders unterrichtet und Lehrer:innen haben auch die Möglichkeit dazu.  

Was will ich damit sagen: 

Im Gymnasium ist man als Lehrer:in extrem gefordert, um die Schüler:innen der Oberstufe zu Matura zu bringen. Umfangreiches Fachwissen, das man ständig aktualisieren und sich aneignen muss, lässt oft wenig Zeit sich mit pädagogischen bzw. didaktischen Themen auseinander zu setzen. Schüler:innen die z.T. noch voll in der Pubertät stecken zum Lernen zu motivieren, ist nicht immer einfach; nicht unbedingt leichter als bei den „Kleinen“ der Unterstufe, aber anders.    

Für die „Kleinen“ bleibt dann meistens wenig Zeit und Energie übrig. Das muss nebenbei funktionieren. Und der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung mit den Schüler:innen ist, vor allem wenn man nur ein Zwei-Stunden Fach hat und nicht Klassenvorstand ist, schwer. 

In der Mittelschule kann man sich als Lehrer:in voll und ganz auf die 10-14-Jährigen konzentrieren. Die Pädagogik steht im Vordergrund. Also das eigentliche „Lehrer:in-sein“, Kinder und junge Menschen auf den Weg ins Erwachsenwerden zu begleiten, ihre Stärken erkennen, ihr Selbstvertrauen stärken. Der Schwerpunkt liegt nicht am Vermitteln von Lehrinhalten. 

In der Mittelschule kann man meines Erachtens „Mit Leib und Seele Lehrer:in sein“.  

  • Man unterrichtet mehrere Fächer. Manchmal auch solche, die man nicht studiert hat, was nicht unbedingt ein Nachteil ist, weil man als „Lernende:r“ ein großartiges Vorbild für die Schüler:innen ist. Man verbringt also mehr Zeit mit den Schülerinnen und Schülern, das bedeutet 
  • man lernt sie und ihre besonderen Stärken (jedes Kind hat solche!) besser kennen, 
  • man kann leichter Beziehung zu ihnen aufbauen, was grundlegend für ein positives Arbeitsklima ist, 
  • man kann mit der Zeit gut jonglieren, daher manchmal auch Stunden – die man sowieso selbst in der Klasse unterrichtet – umtauschen und kann deshalb
    • geduldiger und einfühlsamer auf die einzelnen Schüler:innen und deren Bedürfnisse eingehen, kann ihr Selbstwertgefühl stärken, 
    • größere – auch fachübergreifende – Projekte durchführen
    • didaktische „Ideen“ und Methoden ausprobieren, um mit „schwierigen“ oder besonders begabten Schüler:innen besser zurecht zu kommen,  
    • die sprachliche und kulturelle Vielfalt in unseren Mittelschulklassen als Bereicherung für alle Schüler:innen bzw. alle Lehrer:innen erkennen und pflegen.
  • Sehr oft sind Mittelschulen geräumige, große, manchmal auch moderne Gebäude, in denen die Schüler:innen nicht zusammengedrängt in den Klassen sitzen, was bei AHS öfter der Fall ist. Die Klassenschüler:innenzahl ist meistens wesentlich geringer als an den AHS. 
  • Der Lehrkörper ist (meistens wesentlich) kleiner, man lernt also Kolleg:inn:en schneller kennen und auch der Austausch untereinander ist einfacher.
  • Die Fortbildungsangebote für die Sekundarstufe 1 sind – nicht nur in Wien – sehr vielfältig  
  • und oft sind Mittelschulen technologisch besser ausgestattet als AHS (Mittelschulen sind Landesschulen, es kommt also aufs Bundesland an).

Drei kleine, meines Erachtens typische, Mittel- „Schulgschichtln“ möchte ich hier noch beschreiben, wie ich sie während meiner zahllosen Schulbesuche erlebt habe. 

Schule 1: 

Ich betrete das schon etwas ältere Schulgebäude, ich habe einen Termin beim Direktor. Es ist gerade Pause. 

Schüler:innen bewegen sich mehr oder weniger ungestüm durch die Gänge, die Stiegen auf- und abwärts. Den meisten Kinder sehe bzw. „höre“ ich an, dass ihre Familien nicht aus Österreich stammen. Die Gesichter der Kinder sind heiter, jedes(!)  grüßt mich höflich und freundlich, obwohl sie mich nicht kennen. Und auf die Frage, wo denn die Direktion sei, findet sich gleich ein kleines Grüppchen, das mich zum Direktor begleitet.
Ich mache dem Direktor gleich ein Kompliment zu seinen höflichen Schüler:inne:n. 

„Ja, das ist das Erste, das wir ihnen beibringen: ein Lächeln, in die Augen schauen, jeden, der ins Schulhaus kommt, bzw. auch jeden Lehrer und jede Lehrerin, höflich grüßen. 

Sie werden wahrgenommen, auch gegrüßt und angelächelt. Das steigert ihr Selbstwertgefühl. So fühlen sich alle hier wohl und auch wenn die Schüler:innen die Schule verlassen, nehmen sie dieses Benehmen – hoffentlich – mit.“

Die Lehrer:innen gehen übrigens mit gutem Vorbild voran, sind freundlich zu den Schüler:innen, respektvoll, hören ihnen zu. Im überfüllten Konferenzzimmer wird viel gelacht und gescherzt. 

Eine großartige Atmosphäre in einer Schule, in der 95% (die Lehrer:innen sagen 110 % ;-) ) der Kinder mit anderen Erstsprachen und kulturellen Hintergründen in den Klassen sitzen.

Es gibt hier viele Probleme zu meistern, das ist klar.  Aber mit einem Lächeln im Gesicht…

Schule 2:

Ich klopfe an der Klassentüre, ich werde erwartet. Ich öffne die Türe. Vor mir steht ein großer, knurrender Schäferhund. Die lächelnde Lehrerin bedeutet dem Hund, dass ich  eintreten darf.
Der Hund legt sich vor dem Katheder nieder, hat alle Schüler:innen im Blick.
Kaum wird es unruhig in der Klasse, hebt er seinen Kopf, knurrt, blickt in die Runde. Alle Kinder sind wieder leise.
Sie lieben ihren Schulhund. Lupo*gehört einer Lehrerin, die ihn zu einem Schulhund ausbilden ließ. Besonders unruhige, unsichere, traumatisierte Kinder und solche mit Einschränkungen finden bei dem Tier Ruhe und Liebe. 

Schule 3:

Chemiestunde. Der Chemielehrer zeigt Versuche, beschreibt was geschieht und bittet nun einen Schüler, noch einmal seinen Mitschüler:innen mit eigenen Worten zu erklären, worum es geht und was er gezeigt hat.

Goran* bemüht sich und erklärt in kurzen, unvollständigen Sätzen, was er verstanden hat. Der Lehrer bittet einen anderen Mitschüler, Goran zu unterstützen ganze zusammenhängende Sätze zu formulieren. 

Noch hat der Lehrer nicht das Gefühl, dass alle Schüler:innen verstanden haben, worum es ging. 

Er bittet eine Schülerin: „Ebru*, wenn du daheim der Mama erklären würdest, was wir da gemacht haben, was würdest du ihr erzählen? Das kann gern auf türkisch sein.“

Ebru versucht es auf türkisch, ihr fehlen aber Fachbegriffe. Mitschüler:innen unterstützen sie. 

Dann noch einmal alles auf Deutsch.

Dass in dieser Klasse auch mehrsprachige Plakate aus dem Biologieunterricht hängen, beeindruckt mich.

Ich bewundere den Lehrer, wie viel Zeit er sich nimmt, bzw. den Schüler:innen gibt. Alles in Ruhe, kein Stress. Er ist erst zufrieden, wenn alle Kinder den Stoff dieser Stunde verstanden haben. Dazu opfert er auch die anschließende Mathematikstunde. Er unterrichtet in der Klasse auch Mathematik und Physik und… Jedenfalls kann er mit den Stunden jonglieren und er erklärt mir: „Wenn die Schüler:innen verstehen, worum es geht, bauen sie ein gutes Fundament auf, dass später viel Zeit erspart.“ Und augenzwinkernd: „Ich bin außerdem auch Sprachlehrer – wie wir alle.“

Ich könnte hier noch viele Schulen, Stunden, Lehrer:innen und Schüler:innen beschreiben, die mich immer wieder beeindruckt und überrascht haben. 

Natürlich darf ich euch nicht vorenthalten, dass ich auch schockierende Situationen erlebt habe. Aber das ist ein anderes Thema. Nur so viel: Rechtzeitig die Schule wechseln und eigene Ideale nicht verkümmern lassen!

Schon vor 50 Jahren hat Don Milani über die Schulen in Italien gesagt:

Die Schule ist wie ein Krankenhaus, das die Gesunden heilt und Kranken hinauswirft.

Oft habe ich das Gefühl, dass es bei uns nicht viel anders ist. Wir Lehrer:innen können das ändern!

Zum Schluss möchte ich noch allen, die Lehrer:insein als Berufung sehen, folgendes Buch (kein belehrendes Sachbuch, als erfrischende Ferienlektüre unbedingt geeignet) ans Herz legen: 

 „Schulkummer“ von Daniel Pennac,   (frz, Chagrin d’école (2007)

Und: in meinem nächsten Leben werde ich Mittelschullehrerin, oder vielleicht Volksschullehrerin? 

Erika Hummer, ehemalige AHS Lehrerin, Mitarbeiterin der Bildungsdirektion und Mitbegründerin von VoXmi

 1 Inge Eidsvåg ist ehem. Direktor der „Nansen Academy – the Norwegian Humanistic Academy” – https://nansenskolen.no  

2 https://iicamburgo.esteri.it/iic_amburgo/de/gli_eventi/calendario/2013/05/don-milani-come-la-scuola-cambia-il-mondo-una-lezione-per-l-europa.html

3 https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Pennac

*Namen geändert

Lesezeit: 3 Minuten

Die Entscheidung Polascheks, die mündliche Matura wieder verpflichtend einzusetzen, wurde von AHS und BHS Schüler*innen zurecht lautstark kritisiert. Prominente Gegenstimmen ließen nicht lange auf sich warten. Kulturpessimistisch angehaucht jammerte Liessmann, dass der jungen Generation Biss und „Disziplin“ fehle, sie jede „Anstrengung“ vermeide und sie lieber feiere, statt Schwierigkeiten überwinden zu wollen. Die Staatsekretärin Palkolm verklärte in einem ZIB Interview die Matura zu einer „großen Chance“ und einem „besonderen Tag“ für junge Menschen, um aller Welt zu zeigen, was sie alles gelernt hätten. Zudem sei es ein wichtiger „Schritt zurück in die Normalität“.

Während Liessmann über die Leere eines einst „strengen und sinnvollen Rituals“ weint, das seine Versprechungen wie z.B. der Hochschulzugänge nur noch bedingt erfülle und überhaupt an Niveau sehr zu wünschen übrig ließe – von welchem Norm-Wissen redet er hier? -, wünscht sich Palkolm in eine Vergangenheit zurück, die für die Schüler*innen mit Angst und Stress verbunden ist und herkunftsabhängige Chancen zementiert statt beseitigt. Ihre proklamierte Chance ist ein Euphemismus sondergleichen.

Die wieder aufgeflammte Diskussion über die Notwendigkeit der Matura ist ein guter Zeitpunkt, ihre Sinnhaftigkeit einmal mehr in Frage zu stellen und ihr Ende einzufordern!

Die Matura beruht in meinen Augen auf zwei Rechtfertigungsgründe: Einmal dient sie der Zulassung für die Hochschulen. Zum anderen stellt sie das Abschlussritual der 12-jährigen Schullaufbahn dar.

Ersterer ist in den letzten Jahren zunehmend in den Hintergrund getreten, sind doch Aufnahmeprüfungen und Eignungstests bei Studiengängen immer häufiger Usus – ein schlechter noch dazu, wie ich finde; ausreichende Finanzierung wäre hier wünschenswerter.

Der zweite ist ebenso fragwürdig. Mir erschließt sich die Sinnhaftigkeit dieser Abschlussprüfung nicht. Weder als Prüfung noch als Ritual. Prüfungen im Sinne eines Wiederkäuens zuvor auswendig Gelerntem ist nicht mein Verständnis von Wissensaneignung. Allein als Abschluss-Ritual wäre eine ganzjährige Projektarbeit, auch in Verbindung mit der VWA eine deutlich sinnvolle Angelegenheit. Ansonsten ist sie eine weitere Hürde und Disziplinierung. Ohnehin zeigen Schüler*innen tagtäglich, was sie können. Und das zwölf Jahre lang! Schüler*innen also mangelnde Disziplin oder Anstrengungsverweigerung vorzuwerfen grenzt an Arroganz.

Einzig die Versteifung unseres Bildungssystems auf Prüfungen und Überprüfungen der Prüfungen erklärt mir diesen (Über-)Prüfungsfetisch. Generell sollte meines Erachtens das Ziel jeden Unterrichts sein, möglichst viele Übungssituationen zu schaffen. Das würde folglich die Konditionierung, für Noten zu lernen, aushebeln und Motivation und Interesse an Neuem wieder in den Vordergrund rücken. Ferner würden die ungleichen familiären Unterstützungsmöglichkeiten der Schüler*innen ausgeglichen werden, die nach wie vor die allergrößte, wenn auch unsichtbare Mitverantwortung am schulischen Erfolg tragen. So maturieren nur 4 von 10 Arbeiter*innenkinder und 2 von 10 beginnen ein Studium, wohingegen 8 von 10 Akademiker*innenkinder eine Matura machen und ganze 7 von 10 studieren gehen. Nur zur Wiederholung: Ziffernoten sagen per se mehr darüber aus, wie Schüler*innen mit Spielregeln und Verhaltensnormen von Schule zurechtkommen als über das Leistungsniveau selbst. Somit treffen negative Noten insbesondere Schüler*innen aus bildungsfernen Schichten, weil sie viel öfters Schwierigkeiten mit dem sozialen Setting Schule haben.

Ferner zwingt die Matura in der Oberstufe – und hier vor allem im letzten Jahr – auf eine Fokussierung aller Ressourcen und Energien auf diese letzte Prüfung. Im Unterricht wird nur noch in Hinblick auf die Matura gelernt. Nicht Maturafächer geraten selbst bei Interesse gezwungenermaßen ins Hintertreffen. Folglich ist das letzte Jahr ein Bulimielernen auf eine Prüfung hin, die ihr altes Versprechen nur noch zum Teil erfüllt. Ein Zurück-zur-Normalität war schon immer nur für ÖVP und Konservative wünschenswert, die vom herrschenden (Bildungs)System profitieren.

Meine Vision ist hingegen ein Abschlusszeugnis der zwölften Klasse, das den Namen Matura trägt.

Für mich ist und bleibt die Matura, um es mit Natascha Strobel auf den Punkt zu bringen, ein „Statussymbol einer reaktionär-bürgerlichen Klasse“, um eine breite gesellschaftliche Chancengerechtigkeit einzuschränken.

Jonathan Herkommer, BHS Lehrer in Wien

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Corona nervt! Das lässt sich wohl aus allen verfassten Texten herauslesen. Manche sind geimpft, manche nicht, manche finden eine Impfpflicht gut, andere weniger, viele sind dennoch geimpft. Doch sind die meisten von ihnen der Meinung, dass es nichts gebracht habe. Es wurde ihnen versprochen, dass sie dann keinen Lockdown mehr haben werden, keine Masken, kein Testen. Tatsächlich hat sich das Leben von allen verschlechtert.

Keiner geht mehr raus, nicht ins Kino, kein Treffen mit Freunden. Zu viele haben schon bezahlt, weil sie zu wenig Abstand hielten, keine Masken trugen oder keinen gültigen PCR Test hatten, um etwas einzukaufen oder irgendwo was zu essen. 

Corona nervt. 

Ja! Die Mittelschüler und Mittelschülerinnen trifft es besonders hart. Viele haben vier und mehr Geschwister, viele wohnen in sehr engen Wohnverhältnissen. Durch das Ansteigen der Betriebskosten hat sich diese Situation verschärft. Etliche unserer SchülerInnen mussten umziehen. Sie haben jetzt einen längeren Schulweg. Mehr öffentliche Verkehrsmittel, noch mehr Möglichkeit sich anzustecken. Und wenn nicht sie, dann die Eltern in ihren systemrelevanten Jobs als Reinigungskraft, Pflegepersonal und/oder im Lager. „Die Arbeit meiner Eltern ist schwerer geworden!“, sagt Maria. Auch Pia stöhnt: „Wir sind alle zweimal geimpft – wir hatten alle schon Corona. Früher hatte ich Angst, jetzt habe ich keine Angst mehr. Ich möchte keinen Masken mehr tragen. Ich möchte auch nicht mehr täglich testen. Es kostet sehr viel Zeit in der Schule.!“

David hat Angst etwas anzugreifen, seinen Freunden nah zu sein. Tanja klagt, sie bekäme von der Maske Pickel. Klaus ist sich sicher, dass Corona, also zumindest die Delta und die Omikron Variante nur Erfindungen der Regierungen seien, damit die Menschen Angst hätten. Denn Angst bekäme man vor allem vor dem Unbekannten, Unsichtbaren. Er glaubt, dass die Regierung diese zur Manipulation der Menschen ins Leben gerufen hätten. 

Hannah hat Angst um ihre fünf kleinen Geschwister. Sie wäre seit Jahren zuhause eingesperrt, nichts sei mehr lustig. Man gehe nicht mehr gemeinsam raus, denn dass alle Familienmitglieder gleichzeitig einen gültigen PCR Test hätten, sei ein Ding der Unmöglichkeit. 

Fast alle Geimpften hatten auf ein Ende der Masken gehofft. Auf ein Ende des Testens. 

„Frau Lehrerin, lügen die uns an?“

„Aus meiner Familie hatten schon alle COVID“, schreibt Daniel, „ich finde, sie sollten die Schulen gleich schließen und uns nicht dauernd nach Hause schicken.“ „Und schon zweimal durfte ich nicht in die Schule, weil ich keinen gültigen PCR Test hatte. Das nervt!“

„Ich möchte Frieden und Ruhe! Die Medien machen die Welt verrückt!“ konstatiert Jens. „Ich hoffe, das hört dieses Jahr auf!“

Ja ständige positive Test in der Klasse, die Unklarheit, ob ein Schultag, eine Schulwoche „normal“ zu Ende geführt werden können. Solbad die Lehrkraft sagt: „So, und jetzt packen wir alle Sachen ein!“ Die Angst im Nacken – werden wir schon wieder nach Hause geschickt?

Paul meint: „Homeschooling macht mir nichts, da bin ich eh brav!“, aber viel lenke ihn zuhause ab. Die kleinen Geschwister, das Handy in Griffweite, die Mama in der Küche…

Informationen bekämen sie von TikTok, also alle. Oder eben aus dem Internet. Manchmal auch aus der Kronenzeitung. Aber TikTok erklärt eh alles. Und ja, Corona hat das Leben verändert: Die Erschöpfung der Bevölkerung, das seelische Verhalten. Alles sei halt ein bissi schwerer geworden. 

Corona NERVT!

Corona NERVT! Das ist auch der Grundtenor an einer Wiener HAK. Viele sind von der oft widersprüchlichen Kommunikation der Politik frustriert. Können die Inkonsistenz der verlautbarten Regelungen nicht nachvollziehen. Dennoch: Mittlerweile ist die überwiegende Mehrheit der befragten Schüler*innen geimpft. Sie stehen der Impfung positiv – „sie schützt mich vor schwerem Verlauf“ – bis pragmatisch – „ich wollte wieder Freund*innen treffen“ – gegenüber. Einige führten Solidarität als Beweggrund an. Andere nannten ihre Eltern als maßgeblichen Einflussfaktor.

Nur wenige sind nicht geimpft. Hier sind es die Eltern und Geschwister häufig auch nicht. Sie sehen die Impfung skeptisch; wollen lieber abwarten, haben noch Ängste wegen möglicher Nebenwirkungen. Eine will sich erst impfen lassen, wenn es „notwendig“ ist, eine weitere erst, wenn es „Pflicht“ werde. Andere wiederum führen die Angst ihrer Eltern oder deren Impfaversion an.

Aber: Corona nervt! Viele nervt das Thema. Es nervt sie, tagtäglich mit News rund um Corona konfrontiert zu werden. Neue Bestimmungen, neue Verbote, neue Einschränkungen. Lockerungen folgen Einschränkungen folgen Lockerungen folgen – Sie wissen, wie es weiter geht. Einige haben das Thema satt. Sie wollen nicht mehr darüber reden, vermeiden es „so gut wie möglich“ darüber zu sprechen. Eine dazu: „Mir ist es egal geworden“, sie habe sich an die „Pandemie/Situation gewöhnt“.

Andere wiederum beschäftigen sich intensiv damit. Diskutieren in den Familien und halten sich gegenseitig am Laufenden. Manche über die Vorteile der Impfung, andere nur über „die Nachteile der Impfung“. Als Quelle dient ihnen häufig Insta und TikTok. Der ORF wird auch immer wieder genannt. Ob wegen „sozialer Erwünschtheit“ oder seinem neuen TikTok-Kanal bleibt hier unbeantwortet.

Corona nervt!

 Es nervt, weil Freund*innen erkranken und nicht getroffen werden können. Es nervt auch, weil es eine weitere Sorge um Angehörige und Verwandte darstellt. Viele kennen zumindest eine Person, die an Corona erkrankt ist. Davon hatten die meisten – zum Glück – einen leichten Verlauf. Einer erwähnt seinen Vater, der unter Long Covid leide; eine ihre Tante, die einen schweren Verlauf mit Hospitalisierung hinter sich habe. Manche waren selbst schon Corona positiv. Eine schon zweimal: Delta und Omikron, trotz Impfung. „Überall gekostet“, scherzt sie müde.

Die Demos gegen Corona-Maßnahmen halten die meisten für „unnötig“, sie „bringen nichts“ und würden nur zu „mehr Ansteckungen“ führen. Sie sollten sich „lieber an die Ordnungen“ halten. Trotz dieses Hangs zur Ordnung wird demonstrieren für viele als gut und richtig angesehen. Seine Meinung öffentlich kundzutun, wird als wichtig erachtet: „Meinungsfreiheit“ sei wichtig, genauso wie das „Recht auf ein freies Leben“. Jedoch wird ihr Effekt für Veränderungen als kaum existent eingeschätzt. Vielleicht liegt das auch an dem gerade erst mit massivem Polizei-Einsatz geräumten Protest-Camp.

Ein anderer wiederum schreibt, dass Freunde auf die Demo gingen, sie seien gegen die Impflicht und sähen die Maßnahmen der Regierung als „unnötig“ an.

Corona nervt, voll hart! 

Besonders tangiert die Jugendlichen Corona in ihrem Sozialleben. Eine fühle sich nicht mehr „frei“. Eine betont, „Jugendliche wollen ihre Freiheit und ihren Spaß“ – wer kann dem nicht zustimmen? Keine*r sagt, es hätte sich nichts verändert. Viele klagen über Verlust von sozialen Kontakten. Vereinsamung. Vermisste Partys. Regelmäßige Treffen und Unternehmungen seien unmöglich bis eingeschränkt. Das Maskentragen nerve. Man kenne kaum noch die Gesichter der Freund*innen. Zudem sei die Haut vom vielen Tragen irritiert. Oftmals wird sie auch zu Hause vergessen und dann stünde man „blöd“ da.

Bei einigen seien die Eltern „ständig“ zuhause. Einige wegen Jobverlust. Andere wegen Homeoffice. Allemal nerve ihre ständige Anwesenheit. Es fehlten Rückzugsorte. Privates. Intimität. Enge Wohnverhältnisse, fehlende Kontakte, eingeschränkte Treffmöglichkeiten, das ständige Testen. Oftmals ist es viel. Viel, das nervt.

Der Text ist eine Zusammenfassung von Schüler*innen-Befragungen an einer HAK und einer MS in Wien.